Keine Lifeservice-Handyortung mehr für E-Plus-Kunden

112dsc290Düsseldorf (rd.de) – Die Genauigkeit der Funkzellenortung ist gering und das Interesse an solchen „Location Based Services“ ist es ebenfalls. Der Mobilfunknetzbetreiber E-Plus entschied sich deshalb, die Schnittstelle zur Funkzellenortung von Handys für Drittanbieter zu schließen. Von der Maßnahme ist auch der Lifeservice112-Notfallortungsdienst der Allianz betroffen.

Die Björn-Steiger-Stiftung initiierte im Jahre 2006 die erste kostenlose Handy-Ortung im Notfall. Gemäß der damals vorherrschenden technischen Möglichkeiten setzte die Steiger-Stiftung auf einen seinerzeit anmeldepflichtigen Dienst, bei dem der Handynutzer angeschlossene Rettungsleitstellen mit Angaben versorgte. Den Leitstellen war es dadurch möglich, den Unfallort über die Schnittstelle der so genannten „Location Based Services“ der führenden Mobilfunknetzbetreiber zu orten. Eingesetzt wurde hierzu die Funkzellenortung. In städtischen Gebieten lässt sich auf diese Weise ein Standort immerhin auf wenige hundert Meter eingrenzen, in ländlichen Regionen war die Standortangabe hingegen noch weitaus ungenauer.

Anzeige

Seit 2007 betreibt die Allianz diesen Notfallortungsdienst, der mit zahlreichen Rettungsleitstellen kooperiert. Doch die technischen Möglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert. Nachdem viele Mobiltelefone inzwischen auch über einen GPS-Empfänger für Navigationsaufgaben verfügen, ist mit Hilfe dieser Technik eine nahezu punktgenaue Ortung eines Mobiltelefons möglich. Auch die rechtlichen Möglichkeiten, im Notfall eine solche Handyortung durchzuführen, haben sich weiterentwickelt. Aufgrund der Notrufverordnung, die im März 2009 in Kraft trat, können Rettungsleitstellen über die Polizei jederzeit eine Ortungsabfrage starten.

Mit der Abschaltung der externen Schnittstelle zur Nutzung der Funkzellenortung im E-Plus-Netz zum 1. Januar 2011 haben Rettungsleitstellen jetzt ein Problem. Sie können Mobilfunkteilnehmer von E-Plus, Base, AyYildiz, Vybermobile, Simyo, Aldi-Talk und Blau.de, die Lifeservice-Ortungsdienst der Allianz einsetzen, nicht mehr auf eigene Faust orten. Stattdessen ist der (zeitraubende) “Umweg” über die Polizei erforderlich.

„Die Ortung des Handystandorts im Notfall ist auch für E-Plus-Kunden weiterhin gewährleistet“, beruhigt E-Plus-Pressesprecher Klaus Schulze-Löwenberg gegenüber Rettungsdienst.de. Die Abschaltmaßnahme wurde allerdings nicht im Rahmen einer Pressemitteilung bekanntgegeben, was in Blogs und Foren in den vergangenen Tagen für einige Unruhe gesorgt hatte. Weiterhin bestätigt E-Plus Angaben, dass verärgerten Kunden nicht automatisch ein Sonderkündigungsrecht zusteht, weil die „Location Based Services“ kein unmittelbarer Bestandteil des Mobilfunkvertrags sind. Nach Worten des Pressesprechers würde man im Einzelfall aber prüfen, ob eine vorzeitige Kündigung im Rahmen der Kulanz in Betracht käme.

Für die Allianz kam die Abschaltung der Ortungsfunktion nicht überraschend. „Wir bedauern diesen Schritt von E-Plus ganz ausdrücklich“, betont Allianz-Pressesprecher Christian Weishuber im Gespräch mit Rettungsdienst.de. Die etwa 300 Rettungsleitstellen in Deutschland, die mit dem Lifeservice112-Ortungssystem arbeiten, wurden schriftlich über die Einstellung der Funkzellenortung bei E-Plus informiert. „Die Ortung über GPS ist aber auch weiterhin über Lifeservice112 möglich – auch bei E-Plus-Kunden“, heißt es bei der Allianz in München.

Die Allianz sucht indessen künftige Anwendungsgebiete für die Lifeservice-Plattform im Zusammenhang mit dem europäischen Autonotrufsystem e-Call: Der Fahrzeugnotruf e-Call wird grundsätzlich GPS-gestützt funktionieren.

Derzeit verzeichnet das LifeService-System alle sieben Minuten eine Ortung. Für 2011 könnten es durch die Ortungseinschränkungen im E-Plus-Netz weniger werden.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich (Kunde bei blau.de) habe in einigen Foren das Thema verfolgt, das dort ja sehr verwirrend duskutiert wird. Jetrzt hab ich gedacht, das ich hier handfeste Informationen bekomme. Aber wieder nix. Darum hab ich ganz konkrete Fragen:
    1. Was heist denn nun genau: ” nicht mehr auf eigene Faust orten. Stattdessen ist der (zeitraubende) “Umweg” über die Polizei erforderlich.” Wieviel Zeit erfordert es denn etwa, wenn eine Leitstelle über die Polizei nachfragen muss?
    2. Im Artikel steht: “Aufgrund der Notrufverordnung, die im März 2009 in Kraft trat, können Rettungsleitstellen über die Polizei jederzeit eine Ortungsabfrage starten.” Heißt das, das aufgrund Notfallverordnung die Rettungsleitstellen sowieso NUR über die Polizei eine Ortungsabfrage stellen können oder heßt das, das die Polizei den Leitstellen seitdem helfen MUSS?
    3. Stand oder steht die DIREKTE Notfallortung (ohne Nachfrage bei der Polizei) der Björn-Steiger-Stiftung über die Leitstellen nur Personen zur Verfügung, die sich expliziet dort für das Lifeservice112-Ortungssystem angemeldet haben? Wenn ja;
    3a) Wie haben sich die Leitstellen denn dann vor der Notfallverordnung vom März 2009 die Ortungsdaten des in Not Befindlichen besorgt (wenn das überhaupt möglich war)?
    3b) Müssen die Leitstellen dann bei allen, die nicht bei der Stiftung registriert sind, sowieso immer bei der Polizei nachfragen? Meine Fragen beziehen sich sowohl auf die Ortung per GPS als auch per Location Based Services.
    3c) Wenn man sich für die DIREKTE Ortung durch die Leitstellen registrieren lassen mußte: Wieviele E-Plus/Base/blau usw. Kunden hatten sich denn dort angemeldet und sind dann jetzt betroffen?
    Niklas

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Zu 1. (Zeitverlust): Leitstellenmitarbeiter berichteten uns, die Ortung per Lifeservice sei schnell. Ob die Ortungsanfrage über de Polizei deutlich langsamer ist, kann ich nicht sagen. Mir ist auch nicht bekannt, ob die Lifeservice-Software sofort erkennt, dass es sich um ein E-Plus-Anschluss handelt. Wenn man natürlich Lifeservice probiert und dann den Telefonhörer nehmen muss, um die Polizei zu fragen, hat man u.U. ein paar Sekunden Zeitverlust.

    Zu 2 Notrufverordnung: Mit der Verordnung ist klar, dass die Rettungsleitstellen im Notfall solche Positionsdaten erfragen können.

    Zu 3: ja, genau
    Zu 3a (Wie wurden Ortungsdaten beschafft) : Pikante Frage. Lifeservice ist eine Datenplattform. Löst ein Lifeservice-Kunde einen Notruf aus, kann die Leitstelle auf die Daten des Mobilfunkanschlussinhabers zugreifen. Dort kann sogar eine Notfallkrankenakte abgerufen werden. Lifeservice-Kunden haben eine Einwilligung unterschrieben, mit der die Funkzellenortung durch den Dienst im Notfall genehmigt wurde. Hierzu gab es durchaus eine kontroverse datanschutzrechtliche Diskussion.
    Zu 3b (Immer über die Polizei): Die Funkzellenortung im Notfall kann bei allen Handybesitzern, die sich nicht beim Lifeservice registriert haben immer nur über die Polizei angestoßen werden. Für die GPS-Ortung des Handys braucht man die Polizei hingegen nicht. Hier reicht die Installation einer kleinen Software, die der Leitstelle die GPS-Koordinaten übermitteln kann.
    Zu 3c (Wieviele Kunden betroffen?): Ist mir nicht bekannt

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. Hallo,

    nein, Eure Informationen sind in sofern falsch, das die Ortung über die Steiger-Stiftung auch möglich war, wenn ein wärend des telefonates oder durch einen Mutmaßliche Einwillung gedecktes Einverständniss vorlag.

    Auch legen andere Presseartikel zu dem Theman entsprechend dar. Wie es in B oder TF aussieht, weiss ich nicht. Mag sein, das es dort anders gehandhabt wurde.

    Und: Nicht nur die Zahl der Ortungen (seit mindestens 2 Jahren ist die Registierung gar nicht mehr möglich gewesen …), die sicherlich sehr geringe Durchdringung an breite Teile der Bevölkerung mit dieser Registierung legen nahe, das regelmässig geortet werden durften und wurde.

    Zudem: Die Regierung bei der Steigerstiftung war nie Notwendig, um die Zustimmung zu erhalten, sondern bezog sich lediglich auf einen evtl. Zeitverlust. Problem war, das im Zuge der MNP Portierte Rufnummern damals noch nicht sofort von der Plattform ermittelt werden konnte. Aus diesem Umstand startete man damals die Kampagne zur Registierung.

    Ich denke, wie damals die Regierung von statten lief, war sie ohnehin nicht als rechtsverbindliche Einwilligung zu verstehen.

    Offenbar wurde einige Zeit später auch ein Zugang zum Routingtabellen der Netze geschaffen, so das sofort klar war, an welches Netz die Ortungsanfrage gerichtet werden musste.

    In sofern sollte sich damit die Frage Zu 1 beantworten, wo es um das Erkennen der Netzzugehörigkeit ging.

    Problem mit der Notrufverordung. Die ist doch ohnehin in einer Übergangsphase. Offiziell sollte man doch mittlerweile soweit sein, das SOFORT der Standort bekannt ist, sobald ein Notruf angenommen wird. Dazu gibt es auch Spezifikationen. Nur Umgesetzt wurde das nicht … Wobei Deutschland da in guter Gesellschaft ist. Nur einige Osteuropäischen Ländern waren da besser.

    In allen Westeuropäischen Ländern gibt’s die gleichen Diskussionen darum.

    Wäre das von der EU mit E112 regulierte, und in div. Entwürfen der NotrufV Angedachte schon eingeführt, hätte sich IHMO jede Diskussion über Ortungssysteme erledigt.

    Auf diesen Kommentar antworten
  4. Die Handy-Ortung (nur Funkzellen-Lokalisation!) über die Steiger-Stiftung war nur möglich, wenn der Anruf über 110 oder 112 kam. Diese Voraussetzung vereinfachte die Suche und es konnte davon ausgegangen werden, dass es sich um einen Notfall handelt, weil eben eine Notrufnummer gewählt wurde. Deshalb war bei diesem Modell eine Registrierung als Nutzer nicht erforderlich. Es dauerte in der Regel nur wenige Minuten, bis die Funkzelle aus der das telefonat kam, ermittelt war.
    Die Funkzellenbestimmung über die Polizei ist auch dann möglich, wenn der Anrufer z.B. die 19222 gewählt hat. Aus eigener Erfahrung kann die Auswertung aber bis zu 20 Minuten dauern.

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert