Ulm (idw) – Häufiger als viele denken verschlucken nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene für den Verzehr ungeeignete Gegenstände. Eine neue europäische Leitlinie gibt jetzt Empfehlungen, wann und wie gehandelt werden sollte.
Unklar war bisher häufig, was ein Arzt unternehmen sollte, wenn ein Erwachsener einen Löffel, einen Käsepieker oder zum Beispiel eine Rasierklinge verschluckt hatte. Abwarten? Den Gegenstand endoskopisch entfernen? Oder operieren?
Das Universitätsklinikum Ulm weist darauf hin, dass bei einer verschluckten Knopfbatterie sofort gehandelt werden muss, bei einer kleinen Murmel hingegen nicht unbedingt.
Batterie verschluckt: Arzt muss sofort handeln
Jetzt haben Wissenschaftler aus ganz Europa unter Federführung der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin I für die Europäische Fachgesellschaft (European Society of Gatrointestinal Endoscopy, ESGE) eine Leitlinie zu dem Thema veröffentlicht. Sie gibt nach Auswertung der zur Verfügung stehenden internationalen Fachliteratur Diagnose- und Therapieempfehlungen.
Nicht nur Kinder, auch Erwachsene – vor allem ältere Menschen – verschlucken Gegenstände. Von 100.000 Menschen trifft dies jährlich rund 13 Personen, schätzen die Wissenschaftler.
„Häufig werden Gebissteile oder ungeeignete Bestandteile des Essens verschluckt, beispielsweise ein zu großes Stück Steak vom Grill oder Fischgräten. Wir haben aber auch Patienten, die eine Glasscherbe verschlucken oder mit Käse und Traube zusammen den spitzen Plastikpieker“, berichtet Professor Dr. Alexander Meining, Leiter der Endoskopie an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin I.
„Ein besonderer Fall sind Menschen mit psychischen Erkrankungen, die absichtlich Gegenstände verschlucken, vom langen Eislöffel bis hin zu Pflaster oder Rasierklingen“, so Professor Dr. Meining. Die neue Leitlinie gibt Empfehlungen zum passenden Diagnoseverfahren, zur Dringlichkeit und zu den verschiedenen Bergungsmöglichkeiten.
„Wenn jemand eine Knopfbatterie verschluckt, muss der Arzt sofort handeln, denn durch elektrische oder chemische Reaktionen können die Magen- oder Darmschleimhäute geschädigt werden. Auch Magneten müssen sofort entfernt werden, da sie mit ihrer Anziehungskraft beispielsweise zwei Darmschlingen zusammenkleben und verletzen können“, so Professor Dr. Meining.
Auch scharfe und große Gegenstände müssen lokalisiert und je nach Lage entfernt werden. Dazu gibt es spezielle endoskopische Instrumente mit verschiedenen Greifarmen, Schlingen oder Körbchen zum Schutz des umgebenden Gewebes.
Sitzt ein ungefährlicher Gegenstand noch vor dem Magen, lässt er sich mitunter in den Magen hineinschieben. Im Extremfall muss ein Gegenstand durch eine Operation entfernt werden.
„Wichtig ist auch zu wissen, wann man nichts unternehmen, sondern nur beobachten muss, nämlich im Regelfall bei kleineren stumpfen Gegenständen“, erläutert Professor Dr. Meining.
Für Betroffene gilt: Wer etwas Ungenießbares verschluckt, sollte wenn möglich einen identischen Gegenstand, also beispielsweise noch einen Käsepieker, mit zum Arzt bringen. Das erleichtert Diagnose und Therapie. Im Zweifel ist der Rettungsdienst unter Notruf 112 zu verständigen.
(09.05.2016; Symbolfoto: rdrgraphe/fotolia.com)