Analyse landesrechtlicher Vorgaben zur Vergütung des Rettungsdienstes
(Bild: VanderWolf Images/Shutterstock)Berlin (Zi) – Die gesundheitspolitische Diskussion darüber, wie insbesondere knappe personelle Ressourcen in der Akut- und Notfallmedizin effizient eingesetzt und Hilfesuchende in die für sie angemessenen Versorgungsangebote gelenkt werden können, hat zuletzt wieder an Dynamik gewonnen.
Auch die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ hat sich in ihren kürzlich vorgelegten Empfehlungen zur Reform des Rettungsdienstes erneut für eine engere digitale Integration der zentralen Rufnummern 112 und 116117 ausgesprochen.
Um knappe Ressourcen effizienter einzusetzen, müssen auch Prozesse in den Servicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen und in den Rettungsleitstellen aufeinander abgestimmt werden. Dies wird zum Teil dadurch erschwert, dass, wie die Regierungskommission feststellt, „die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Rettungsdienstes, die Einzelheiten seiner Organisation, Durchführung und Finanzierung in den 16 Landesrettungsdienstgesetzen oft unterschiedlich geregelt“ sind.
Vor diesem Hintergrund hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) eine beim IGES-Institut beauftragte „Analyse bundeslandrechtlicher Rahmenbedingungen des Einsatzes und der Vergütung von Rettungsdiensten“ veröffentlicht. „Mit dem aktuellen Gutachten haben wir nun einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und die Rahmenbedingungen der Finanzierung des Rettungsdienstes auf Landesebene“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
„Grundsätzlich gilt bei der Finanzierung eine Vollkostenbetrachtung. Dies umfasst auch die Kosten der Ausbildung von Notfallsanitätern. Das Kostendeckungsprinzip hat explizit in 14 von 16 Bundesländern Bestand. Allerdings unterscheiden sich die Ausführungen zur Umsetzung auf Landesebene teils erheblich“, so von Stillfried weiter. Während etwa in den Bundesländern Hamburg, Berlin und Bremen sämtliche Aufwendungen per staatlicher Gebührenordnung an die GKV weitergegeben werden könnten, sei in den meisten Ländern eine unterschiedlich ausgestaltete Dualität zwischen pauschalen Investitionskostenerstattungen und Nutzungsentgelten je Fahrt zu beachten.
Allerdings eröffnen alle Rettungsdienstgesetze die Möglichkeit, Patientinnen und Patienten in eine geeignete Einrichtung zu transportieren bzw. dorthin zu verweisen. Dies könnten künftig neben Krankenhäusern vermehrt auch Arztpraxen sein, die entsprechende Akutfälle in ihre Praxisabläufe integrieren können und sich als Anlaufstellen zur Verfügung stellen. Hierzu existieren bereits in vielen Bundesländern erste Ansätze. Die Weitergabe von erzielten Einsparungen, etwa durch vermiedene Krankenhausbehandlungen, kürzere Bindungszeiten von Rettungswagen oder gar vermiedene Rettungswageneinsätze gestaltet sich aber nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Berücksichtigung von Investitionen bzw. Vorhaltekosten in Verbindung mit restriktiven Regelungen im Sozialgesetzbuch V noch schwierig.
„Für die Kassenärztlichen Vereinigungen, die den größten Teil der Vorhaltekosten für den fahrenden Bereitschaftsdienst und den Betrieb der Rufnummer 116117 aus eigenen Haushaltsmitteln, also letztlich aus Beiträgen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bestreiten, können sich daraus Hürden für eine bessere Zusammenarbeit mit den Rettungsdiensten ergeben. Übernimmt die Kassenärztliche Vereinigung etwa anrufende Hilfesuchende von der 112 und erspart durch eine telefonische ärztliche Beratung Einsätze des Rettungsdienstes, fehlt bislang eine Gegenfinanzierung dieser Investitionen. Will man das Potenzial für eine bessere Steuerung in der Akut- und Notfallversorgung ausschöpfen, dürfen die Kassenärztlichen Vereinigungen auf den Vorhaltekosten für den ärztlichen Bereitschaftsdienst – Organisation, technische Umsetzung, Aufbau und Betrieb der 116117-Leitstellen und Servicecenter – nicht sitzenbleiben“, bekräftigte von Stillfried.
Weiter kritisierte er: „Wir sehen in den bestehenden Regelungen zum Rettungsdienst, die, bei aller landesrechtlichen Heterogenität, doch weitgehend das Kostendeckungsprinzip vorsehen, derzeit eine erhebliche Ungleichbehandlung des ambulanten Versorgungsbereichs. Auch die Regierungskommission hat festgestellt, dass die Vergütung von Leistungen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes ausschließlich leistungsabhängig über den einheitlichen Bewertungsmaßstab erfolgt. ‚Vorhalteleistungen, zum Beispiel für die Leitstelle 116117 und den aufsuchenden Bereitschaftsdienst, werden dadurch nicht aufwandsadäquat vergütet‘, heißt es im Kommissionsbericht. Die Politik sollte diesen Missstand nun auch zügig abstellen. Dies kann entscheidend dazu beitragen, die Kosten insbesondere für den Rettungswageneinsatz zu begrenzen.“
Die Kosten für den Rettungsdienst in Deutschland sind in den letzten Jahren stark angestiegen – 2022 auf insgesamt 8,4 Milliarden Euro. Sie machen damit fast zehn Prozent der Ausgaben für Krankenhausbehandlungen aus. Das ist mehr als das Zehnfache dessen, was die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) ausgibt. Ein wesentlicher Ausgabentreiber waren dabei die Einsätze von Rettungswagen. Auf diese entfielen 2022 rund 4 Milliarden Euro. 2017 waren es noch 2,3 Milliarden Euro. Das ist ein Kostenanstieg von 75 Prozent in fünf Jahren. Blickt man zurück auf das Jahr 2010, so haben sich die Aufwendungen für den Rettungswagen von damals 1,3 Milliarden Euro sogar nahezu vervierfacht. Der spezifische Kostenanstieg lag im Zeitraum 2010 bis 2022 mit durchschnittlich 9,7 Prozent pro Jahr deutlich über dem der gesamten GKV-Leistungsausgaben (4,3 Prozent).
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