Bonn (rd.de) – Ist es ein neues Phänomen oder nur ein altes, lange Zeit verdrängtes Problem – die Gewalt gegen Rettungsdienst-Mitarbeiter? Wer eigentlich ausrückt, um Leben zu retten, wird plötzlich zur Zielscheibe von Gewalt.
Täglich hat Rettungsdienst.de die Nachrichtenlage rund um das aktuelle Einsatzgeschehen im Blick, und immer öfter liest man über gewalttätige Übergriffe auf Rettungsdienst-Personal. Die Berichterstatter bedienen diese Aussage mit immer neuen Meldungen. Ein Indiz für mehr aggressive Eskalationen bei Rettungsdiensteinsätzen ist das aber nur bedingt.
Da waren die Schüsse auf einen Krankenwagen in Wien, eine Messerattacke im Rettungswagen und dieser Tage ein um sich schlagender Jugendlicher. Der Treffer in Wien wurde nach ersten Erkenntnissen von einer Steinschleuder erzeugt und legt einen Lausbubenstreich nahe, der Messerangriff ging von einem Mann im Drogenrausch aus und der randalierende Jugendliche war sturzbetrunken. Insgesamt also nichts Ungewöhnliches.
Zwischen Angst und Randale
Die Rettungsdienst-Mitarbeiter werden auch zu Kneipenschlägereien gerufen oder folgen den Polizeikräften in Wohnungen, in denen es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen ist. Der Job birgt Gefahren, beispielsweise selbst mitten in eine Schlägerei zu geraten. Sicher lassen sich wachsende soziale Probleme an der Einsatzentwicklung in bestimmten Stadtquartieren besonders früh ablesen.
Schlagring, Pfefferspray und Rettungsmesser: Manche Mitarbeiter im Rettungsdienst haben Angst und rüsten heimlich auf. Andererseits ist längst nicht jeder Mitarbeiter an einer Deeskalation auch tatsächlich interessiert. Im Gegenteil, der Frust der Retter, sei er privat oder beruflich bedingt, wird mit in den Dienst genommen und selbst leicht renitente Patienten werden weiter aktiviert.
Fortbildung ist nötig
Immerhin gibt es inzwischen immer mehr Fortbildungsangebote für den Umgang mit aggressiven Patienten. Das DRK-Bildungszentrum Düsseldorf greift hierfür auf erfahrene Deeskalations- und Selbstverteidigungstrainer der Polizei zurück. Seit vier Jahren gibt es diese Fortbildungen zum Eigenschutz im Rettungsdienst. Ralf Nickut, Leiter des DRK-Bildungszentrums in Düsseldorf, ist sich sicher: „Die Schutzwirkung der Sanitäteruniform ist Vergangenheit.“ Die Hemmschwelle zur Gewalt sinkt. „In Düsseldorf wurde beim Karneval eine Unfallhilfsstelle mit Bierflaschen angegriffen. Die haben gezielt auf die Sanitätshelfer geworfen; einfach so.“
In der Rettungsassistentenausbildung steht der Umgang mit aggressiven Personen bereits fest auf dem Lehrplan, doch in der Rettungssanitäterausbildung und der einfachen Sanitätsausbildung kann dieses Thema zeitlich nicht untergebracht werden. Deshalb bietet sich dieses Thema für eine Fortbildung an.
„Wir haben 2 – 3 Seminartermine pro Jahr und die Kurse sind fast immer restlos ausgebucht“, so Nickut. In den elf Seminarstunden erhalten die Teilnehmer eine praxisnahe Schulung zur Deeskalation mit verbalen und non-verbalen Mitteln. „Für Rollenspiele betritt plötzlich ein Mime die Bühne und präsentiert sich als aggressiver Gegenspieler. Die Teilnehmer sehen die Person dort zum ersten Mal.“ Die meisten Teilnehmer sind begeistert und wünschen sich noch mehr Zeit für diese Fortbildung. Das Thema Selbstverteidigung findet auch seinen Platz: „Hier geht es aber praktisch ausschließlich um Befreiungsgriffe.“
In München gibt es eigens ein „Zentrum für Deeskalation im Rettungsdienst“ (ZDR). Es wurde gemeinsam vom Rettungsassistenten Markus Wilhelm und dem Kampfkunstmeister Jörg Reimers aus der Taufe gehoben. Seit 2004 bietet man dort Kurse mit dem Schwerpunkt Deeskalation, aber auch zur effektiven Selbstverteidigung an.
Sehr konsequent wird dieses Thema auch in der Schweiz angegangen. Das Kantonsspital Luzern bereitet seine Angestellten im Rettungsdienst in Kursen auf mögliche Gewalt vor. Die Gewalt gegen die Helfer sei primär ein städtisches Problem. Bei den Tätern handle es sich um Männer, berichtet Günther Becker, Leiter Sanitätsnotruf am Kantonsspital Luzern, der Tageszeitung 20Minuten. Deeskalation gehört ab sofort zum Ausbildungsprogramm der neu ausgebildeten Sanitäter, während das altgediente Einsatzpersonal in solchen Strategien fortgebildet werden soll.
Aggressionsforschung im Rettungsdienst
Über die Ursachen von Gewalt in Rettungsdiensteinsätzen wird nur wenig geforscht. Alexander Auer, ein Mitarbeiter des Berufsrettungsdienstes der Stadt Wien, verfasste im Rahmen seines Studiums des Rettungsdienstmanagements an der Uni Krems seine Masterthesis zum Thema „Aggressive Übergriffe auf Rettungsdienst-Personal“.
Auf die Idee kam er bei einer Fortbildung zur Deeskalation. In der Psychiatrie gibt es bereits seit 1986 ein ausgereiftes Meldesystem für derartige Übergriffe. Dieses System hat Auer für Rettungsdienstverhältnisse umgesetzt. Die Wiener Rettung besitzt seit 2005 nun einen Meldebogen für gewaltsame Übergriffe auf Sanitäter.
220 dieser Meldungen hat Alexander Auer ausgewertet: „Man kann sagen, jeden dritten Tag kommt es in Wien zu einem gewaltsamen Übergriff auf die Sanitäter. Rund 30% sind auf Alkoholkonsum zurückzuführen, auf Platz zwei stehen psychiatrische Notfälle, gefolgt von – und das ist schon überraschend – leichten Verletzungen. Erst danach folgt der sonstige Drogen- und Medikamentenabusus.“ Die Aggressoren, so weiß Auer nun, sind männlich und zwischen 20 und 50 Jahren alt. In Kürze werden die Ergebnisse seiner Wiener Studie in Buchform vorliegen.
Mit dem Meldesystem, so hofft Auer, ist ein erster Schritt zur systematischen Aggressionsforschung im Rettungsdienst eingeleitet. Das Meldesystem soll im ganzen deutschsprachigen Raum installiert werden. Die Zahlen ließen sich für jeden Rettungsdienst belastbar auswerten und könnten helfen, über die geeigneten Gegenmaßnahmen zu entscheiden.
Servus an alle RD`ler,
ich habe vor einiger Zeit ein Seminar bei der Fa. DST Seeger besucht. Am Anfang war ich eher skeptisch bezüglich solcher Schulungen. Diese Firma schult RD`ler im gesamten Bundesgebiet im Bereich Deeskalation und Selbstverteidigung. Das Gute an dem Team ist, dass dort keine Rambos unterrichten und die Dozenten alle einen RD-Hintergrund haben. Die wissen genau wie wir arbeiten, was wir brauchen und erzählen keinen Mist. Gerade die Szenarien sind top: Hier wird sowohl auf das medizinische, als auch auf den Eigenschutz geachtet und geprüft. Echt Klasse. Hier kannst Du unter Stress zeigen, was Du im RD gelernt hast und musst gleichzeitig auf deinen Kollegen/in aufpassen und ggf. Deeskalieren usw.
Ich kann die Seminare nur empfehlen.
Beste Grüße
es gibt mittlerweile verschiedene Kampfsportvereine die geziehlt SV kurse anbieten und von Kollegen der Polizei und Rettungsdienstler geleitet werden, Vorteil, 1. keine weite anreise, 2. tut der Geldbörse nicht weh,3, genauso evektiv.
gruß
Dietmar
Hallo,
auch ich habe schon einen Kurs bei der Fa. DST Seeger besucht. Hierzu einige Dinge vorab:
1. Die Kosten für diese Seminare übernimmt, zumindest bei uns, der Träger des RD.
2. Wir mussten nicht nach Frankfurt fahren, sondern wurden direkt vor Ort geschult und hatten unsere reg. Einsatzmittel (Kleidung, Fahrzeuge, Einsatzorte: Wohnungen, Kneipen, Discos, etc) zur Verfügung.
3. Klar kann ich auf der Matte in der Turnhalle trainieren, aber was hilft mir das, wenn ich im Einsatz andere Kleidung trage als in der Turnhalle????
zum Kurs selbst:
Gutes Team, sehr realistische Scenarien, gutes Konzept. fähige Dozenten mit sehr gutem Hintergrundwissen zu unserer Tätigkeit und den Anforderungen.
Liebe Grüße aus dem Norden