Leitstellenpannen in Schleswig-Holstein
Norderstedt (rd.de) – Bei der Leitstelle in Norderstedt häufen sich offenbar Alarmierungspannen, kritisieren die Lübecker Nachrichten. Die „Kinderkrankheiten“ sind gefährlich und strapazieren die Nerven der Retter
Eine Tischlerei in Westerrade brannte, die umliegenden Wehren wurden zu Hilfe gerufen – nur die Dorf-Feuerwehr nicht. Die Leitstelle in Norderstedt koordiniert die Hilfeersuchen im Kreis Segeberg, Teile der Kreise Ostholstein, Plön und Rendsburg-Eckernförde sowie die Stadt Neumünster.
Vom Plan die Anzahl der Leitstellen in Schlewsig-Holstein von derzeit noch sieben auf vier zu reduzieren, haben die Kreise und Kommunen bereits Abstand genommen. Im vorliegenden Fall soll das Dorf Westerrade im Computer der Leitstelle gefehlt haben. Hinzu kommt, dass die Disponenten nicht in allen Bereichen ihres großen Zuständigkeitsgebietes auch genug Ortskenntnisse haben können.
Die Zeitung listete weitere Fälle auf, in denen sich Großleitstellen gefährliche Pannen geleistet haben. Feuerwehrstandorte sind fehlerhaft in der Software hinterlegt, die Disponenten schicken Einsatzkräfte in die falsche Richtung.
Beim Landesfeuerwehrverband gärt der Unmut, auch wenn man derzeit von „Kinderkrankheiten des laufenden Konzentrationsprozesses“ spricht.
Den ganzen Artikel kann man bei den Lübecker Nachrichten nachlesen.
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Das wird den rein auf die Tehnik vertrauenden Sparfetischisten aber gar nicht gefallen! Es reicht eben nicht, ein tolles Computerprogramm zu installieren und dann die nächstebeste Person ans Telefon zu setzen!
In dem zugrunde liegendem Artikel der Lübecker Nachrichten wurden leider einige Fakten miteinander vermischt:
Es gibt in Schleswig-Holstein eine Regionalleitstelle, die in letzter Zeit durch ihre Kinderkrankheiten aufgefallen ist: Es handelt sich dabei um die Kooperative Regionalleitstelle Nord, die auf dem Gelände der Landesfeuerwehrschule in Harrislee im Sommer diesen Jahres neu in Betrieb gegangen ist.
Hier gab es in jüngster Zeit vereinzelt Probleme mit der Erreichbarkeit des Notrufs 112, der Alarmierung der örtlich zuständigen Einsatzmittel und einigen internen Abläufen (Dies gilt nicht nur für den Bereich des Rettungsdienst- und Feuerwehrwesens, sondern auch für die polizeiliche Gefahrenabwehr).
Dieser Prozess wird nach einer kurzen Phase der Rücksichtnahme mittlerweise auch von der Tagespresse in SH sehr kritisch begleitet.
Bsp.:
http://www.nordfriesland-online.de/weblogs/item/harrislee—erneuter-ausfall-der-notrufleitungen-der-leitstelle-nord
(Weitere Artikel der KN, der LN und des SHZ leider nicht online)
Ohne Fehler beschönigen zu wollen, müssen aber folgende Faktoren berücksichtigt werden:
– Die Kollegen von drei Leitstellen müssen sich nicht nur schnell Ortskunde in jeweils 2 “neuen” Einsatzgebieten aneignen, sondern sich auch zusätzlich mit den speziellen Anforderungen, die verschiedene Durchführer im RD und hunderte verschiedene Feuerwehren an eine Leitstelle stellen, vertraut machen.
Auf all diese Schwierigkeiten kann man nur sehr bedingt im Vorfeld reagieren – wer schon einmal versucht hat, nur anhand von Kartenmaterial Ortskunde zu gewinnen, wird diese Schwierigkeiten nachvollziehen können.
– Gleichzeitig müssen sich die Kollegen mit einem neuen Einsatzleitsystem vertraut machen. Wie in jedem Wirtschaftsunternehmen wird diese Arbeit natürlich auch vor der Einführung trainiert – die notwendige Routine mit einem solchen komplexen EDV-Programm KANN sich aber natürlich nicht vor dem Echtbetrieb einstellen. Dem geneigten Fachpublikum zum Vergleich: Auch mit einem neuen Löschfahrzeug wird es – trotz Übungen – in den ersten Einsätzen zu Unsicherheiten kommen, weil sich eingeschliffene Gewohnheiten ändern. Niemand würde aber deshalb auf die Idee kommen, keine neuen Fahrzeuge mehr anzuschaffen oder die alten Aufbauten einfach auf ein neues Fahrgestell zu montieren.
– Das technische oder organisatorische Fehler bei solch großen Projekten vorkommen, ist ebenfalls völlig normal und nicht zu vermeiden. Wichtig ist, in der Startphase entsprechende Kompensationsmöglichkeiten vorzusehen, um auf diese Fehler reagieren zu können. Dies scheint in Nord der Fall gewesen zu sein – durch eine entsprechende Schichtstärke, schnell verfügbare personelle Verstärkung und organisatorische Maßnahmen, technisch redundante Ausstattung von Einsatzleitwagen im gesamten Leitstellenbereich und angemessene Alarmpläne.
– Einen großen Pluspunkt hat sich die Leitstelle Nord in den Augen des Verfassers damit verdient, dass sie diese Fehler nicht verschweigt, sondern gegenüber ihren Interessenpartnern benennt. Ein solches Verhalten ist immer noch nicht selbstverständlich und sollte daher positiv bewertet werden:
http://www.leitstelle-nord.de/index.phtml?mNavID=1.100&sNavID=1719.18&La=1
http://www.ffw-kropp.de/attachment.php?attachmentid=476&sid=19883a62708e30228b2c84ef5630d152
http://www.kfv-nf.de/?p=399
Nun zu der im Artikel benannten Leitstelle Holstein mit Sitz in Norderstedt:
– Die Leitstelle Holstein wird im Auftrag des Kreises Segeberg (Träger) durch die Feuerwehr der Stadt Norderstedt (Durchführer) gestellt. Außer für den Kreis Segeberg inkl. Norderstedt ist sie auch für die Stadt Neumünster zuständig. Zwar ergeben sich durch das landesweite Forplan-RD-Gutachten und evtl. durch kommunale Verträge begrenzte Zuständigkeiten für Randgebiete der anderen im Artikel genannten Kreise – aber die Leitstelle Holstein ist derzeit und auch künftig eine der Leitstellen mit dem flächenmäßig kleinsten Zuständigkeitsbereich (ca. 1.415 qkm) in Schleswig-Holstein und wird auch zukünftig NICHT für den Kreis Rendsburg-Eckernförde (Lst. Mitte) oder die Kreise Plön oder Ostholstein (Lst. Süd) zuständig sein. Die dort in jüngster Vergangenheit aufgetretenen Probleme sind also keinesfalls als strukturelles Problem einer Leitstellenzusammenlegung zu werten.
– Die Leitstelle Holstein ist seit 2004 gemeinsam für die Stadt Norderstedt und den Kreis Segeberg und seit Juli 2007 zusätzlich für die kreisfreie Stadt Neumünster zuständig. Bereits seit fünf Jahren arbeiten auf dieser Leitstelle also Mitarbeiter, die sich im Kreis Segeberg auskennen. Mit der Stadt Neumünster ist nur ein sehr geringes Einsatzgebiet hinzugekommen. Man kann diese Leitstelle also (fast) als Kreisleitstelle bezeichnen – und auch von einer entsprechenden Ortskunde beim Personal ausgehen. Trotzdem kann es sein, dass der Mitarbeiter nicht weiß, dass das entsprechende Dorf eine eigene Feuerwehr hat – gerade im ländlichen Bereich kommt EINE Feuerwehr für mehrere Dörfer hin und wieder vor. Woher soll der Kollege also wissen, dass in der automatischen Alarmierung gemäß Alarmstichwort und Alarm- und Ausrückeordnung eine Wehr fehlt? Selbst ein Mitarbeiter, der im Kreis Segeberg wohnt und Ortskenntnis aus 30jähriger praktischer Tätigkeit im Rettungsdienst dieses einen Kreises hat, weiß dies nicht zwangsläufig. Auch hier wieder: weder Kinderkrankheit noch strukturelles Problem einer Regionalleitstelle. Im Gegenteil können in Regionalleitstellen aufgrund der höheren Wirtschaftlichkeit eher computergestützte Systeme zum Einsatz kommen, die genau dieses Wissen für alle Mitarbeiter verfügbar machen – in der freien Wirtschaft längst Standard und als Qualitätsmanagement bekannt.
– Das computergestütze System der Leitstelle ist hochkomplex. Vor einer möglichen Alarmierung sind einige administrative Vorgänge zu erledigen:
Die FW muss eine Alarm- und Ausrückeordnung abgeben. Die dort hinterlegten Alarmgruppen sind im Einsatzleitsystem einzugeben und mit entsprechenden Meldercodierungen zu hinterlegen. Es gibt hier also unzählige, vom Disponenten vollkommen unabhängige Fehlerquellen: Ein Tippfehler im fünfstelligen Meldercode kann schon bei der Feuerwehr vorgekommen sein oder bspw. dem Administrator in der Leitstelle passiert sein. Das bedeutet, dass dem Disponenten der Leitstelle die Wehr als alarmiert angezeigt wird, obwohl die entsprechende Alarmierung die Wehr nicht erreicht hat. Es ist also ohne weitere Informationen überhaupt nicht bewertbar, wem hier ein Fehler unterlaufen ist.
Ich bin sehr dafür, dass die Presse als Vertreter der Öffentlichkeit diese wichtigen Einrichtungen der öffentlichen Daseinsfürsorge kritisch begleitet – allerdings plädiere ich dafür, dies mit Augenmaß zu tun und die Hintergründe richtig zu recherchieren.
Des weiteren gibt es einige “Interessenpartner” der Leitstellen, die versuchen, jeden (vermeintlichen oder echten) Fehler als Argument gegen Regionalleitstellen zu nutzen. Das dies nicht immer der Wahrheit letzter Schluss ist, zeigt der obige Artikel, der zur Thematik “Leistelle Holstein” vollkommen (!) unpassende Kommentar des Landesfeuerwehrverbandes und mein Vorposter.
Dass das endlose Zusammenlegen von Leitstellen durchaus Nachteile hat ist denke ich jedem klar. Hier geht es aber nicht in erster Linie um ein Versäumnis auf Seiten des Personals bei der Alarmierung, sondern um fehlerhafte Datenbanken, die einfach nicht vorkommen dürfen. So klein das Dorf auch ist, es muss in der Datenbank erfasst werden. Wir reden hier schließlich nicht von einem Freizeitprogramm, wo Hobbydisponenten virtuell Einsatzkräfte alarmieren, sondern von der traurigen Realität. Wo kommen wir denn hin, wenn sich eine Feuerwehr oder ein RTW nicht sicher sein kann, ob er überhaupt in der Datenbank auftaucht?
@Status3:
Natürlich darf ein solcher Fehler nicht vorkommen. Solche Fehler sind aber nicht zu vermeiden, in dem man Regionalleitstellen verteufelt und immer nur auf die gute alte Ortskunde verweist.
Es geht mir im obigen Kommentar gar nicht darum, den Disponenten in Schutz oder den Fehler nicht ernst zu nehmen. Selbstverständlich ist es ein Versagen des Gesamtsystems dieser Leitstelle, dass es dazu gekommen ist. Natürlich muss intern geklärt werden, warum die Datenpflege nicht durch organisatorische oder technische Maßnahmen besser abgesichert war. Und selbstverständlich hat die Leitstelle Holstein die schlechte Presse der vergangenen Wochen zu Recht.
Aber:
Die Leitstelle Holstein ist für EINEN Landkreis und eine angrenzende kreisfreie Stadt mit insgesamt ca. 1.415 qkm zuständig. Das ist ein Witz und von der Anforderung an die Ortskunde mit einer Kreisleitstelle zu vergleichen.
Ich verwehre mich daher dagegen, dass dieser Fehler als Beispiel für die Probleme von Regionalleitstellen herangezogen wird. Das Problem ist EBEN NICHT in einer Regionalleitstelle, sondern (faktisch) in einer Kreisleitstelle aufgetreten.
Und dass das “endlose Zusammenlegen von Leitstellen” nicht vernünftig ist, das ist vollkommen klar. Niemand möchte eine “Deutschlandleitstelle”. Aber warum ist das Zusammenfassen von drei kommunalen Gebietskörperschaften pro Leitstelle (in SH bspw.: Lst. Mitte, Lst. Nord, Lst. West) nicht sinnvoll? Warum ergeben sich zwangsläufig Nachteile?
In SH haben die Leitstellen gem. §3(1) BrSchG keine einsatztaktisch lenkende Funktion, sondern sie leiten “…Notrufe an die zuständige Feuerwehr…” weiter. D.h., die Leitstellen alarmieren gem. der von der Gemeinde eingereichten AAO. Dazu braucht man keine Ortskunde.
Im RD sieht das anders aus. Durch die gemeindeübergreifende Zuständigkeit des RD ist hier Ortskenntnis unabdingbar. Aber man kann sich die primären Ausrückebereiche der Rettungswachen für drei Landkreise (Flächengebiete der Regionalleitstellen: ca. 3.000 bis 4.150qkm) ohne Schwierigkeiten merken.
Eine Anforderung an die Ortskunde stellen also lediglich einsatzbereite RTW, die auf der Rückfahrt vom Zielort eines Einsatzes fremde Wachbereiche durchqueren. Hier muss dem Disponenten bewusst sein, dass besagter RTW günstiger stehen kann und er muss die Ortsangabe des RTW nach Standortabfrage nachvollziehen können. Und dieses letzte Problem ist durch die GPS-Standortbestimmung mit automatischer Berücksichtigung im Dispositionsvorschlag des Einsatzleitrechners auch beherrschbar – eine Funktion, die die neue landesweite Software in SH unterstützt und die ab 2010 zumindest im Gebiet der Leitstelle West auch eingesetzt wird.
Also, Status3:
Erläutere mir bitte, warum die Regionalisierung der Leitstellen in SH zwangsläufig Nachteile hat, wie du in deinem ersten Satz so locker geschrieben hast.
@ohm: Meine Aussage war allgemeiner Natur und nicht speziell auf SH gemünzt. Ich komme aus einer völlig anderen Ecke Deutschlands und kann deshalb zu den konkreten Verhältnissen vor Ort nur wenig sagen. Sollte es sich bei der Leitstelle, in der der Fehler geschehen ist, um eine Kreisleistelle oder eine vergleichbare handeln ist mir das noch unverständlicher. Dort ist in der Regel eine bessere Ortskenntnis vorhanden, so dass das Fehlen eines Dorfes oder der entsprechenden Wehr noch eher hätte auffallen müssen.
Generell, nicht speziell auf SH bezogen, muss sich sagen, dass ich gegen das Zusammenlegen von Leitstellen bin. Ganz gleich, wie gut der Rechner programmiert ist und was er im Einsatzfalle vorschlägt, Ortskenntnis ist in dem Beruf des Disponenten ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Ortungssysteme für RTW gibt es bei Weitem nicht in jeder Leitstelle, Baustellen sorgen für längere Anfahrtswege und auch die Software ist, wie wir gesehen haben, nicht vor Fehlern gefeit. Ein ortskundiger Disponent bemerkt das.
GPS-Ortung/Notwendigkeit von Ortskunde:
Ich habe hier in meinen beiden Kommentaren in zwei Richtungen argumentiert:
1.)Es gibt technische Unterstützungen, die Ortskunde (fast) überflüssig machen können und die Regionalisierung von Leitstellen kann Finanzmittel freisetzen, um diese Systeme finanzierbar zu machen. (Übrigens kann man in diesem System Straßensperren einpflegen, die dann in der Disposition berücksichtigt werden. Des weiteren kommen Vollsperrungen, die eine Änderung der RD-AAO zur Folge haben, extrem selten vor. Dies liegt daran, dass die Wachen in einem Flächenbundesland natürlich eine gewisse Entfernung zueinander haben, so dass der Zeitvorteil der zuständigen Wache zur Alternativwache selbst bei einem Umweg von einigen Minuten noch gewahrt bleibt)
2.) Man kann auch ohne Technik ausreichende Ortskenntnis in einem Leitstellenbereich von bis zu 4.000 qkm haben, ohne dass die Qualität der Arbeit darunter leidet. Und natürlich ist Ortskunde wichtig, um Entscheidungen zu treffen, die man nicht in Algorithmen pressen kann:
– In welcher Kombination kann ich meine RD-Wachen verwaist lassen, ohne dass eine Bereitstellung erforderlich ist. (Wichtig in diesem Zusammenhang: In SH wird fast ausschließlich mit der MZF-Strategie gearbeitet)
– Die konkurrierenden Ziele schnelle und wirtschaftliche Bedienung der Krankentransporte und Grundvorhaltung für Notfallereignisse setzen beim Disponenten die Fähigkeit voraus, Krankentransporte vernünftig zu kombinieren – bspw. durch die Vermeidung von Leerfahrten und Kombination von Einsätzen, bzw. können Fahrzeuge auf der Anfahrt zu Krankentransporten dazu genutzt werden, verwaiste Wachgebiete abzudecken. Das setzt unbestreitbar Ortskunde voraus. (Und auch dies ein Problem, dass nur in der MZF-Strategie aufkommt)
Aber, und ich wiederhole mich hier bewusst: Das ist machbar! Nicht so aus dem Ärmel geschüttelt wie bei einer Kreisleitstelle, aber durch Arbeiten an den eigenen Schwächen.
Hinzu kommt, dass Regionalleitstellen auch einige Vorteile haben, die in der Diskussion sehr selten genannt werden:
1.) höhere Schichtstärke
– Der Notruf klingelt nachts nicht 2 Minuten, während derer der Disponent einen anderen Notruf führt und danach noch alarmieren muss.
– Die Disponenten werden in die Lage versetzt, EH-Anweisungen am Telefon zu geben oder eine Telefonreanimation durchzuführen, während ein Kollege bereits alarmiert.
– höhere Ausfallsicherheit, der freundliche Disponent, der sich in 40 Jahren rettungsdienstlicher Tätigkeit in seinem Landkreis nicht nur Ortskunde, sondern auch einen Herzinfarkt angeeignet hat und jetzt aufgrund seiner Adipositas Dienst in der Leitstelle machen muss, kippt nicht einfach im einzeln besetzten Nachtdienst um, ohne dass es jemand mitbekommt (Entschuldige die Polemik 😉 – aber es gibt Beispiele dafür…)
– Es gibt die Möglichkeit, eine administrative und einsatztaktische Führungsposition im Leitstellenalltag zu schaffen, die gewisse Arbeiten koordinieren kann und außerdem aufgrund von Diensterfahrung Ortskunde garantiert (auch das ist ein Weg, Ortskunde durch eine Aufbauorganisation sicherzustellen) – in einer Kreisleitstelle sitzt der Anfänger gegebenenfalls im Nachtdienst alleine oder mit dem Kollegen, der seit zwei Jahren für den Einsatzdienst nicht mehr geeignet ist und deshalb in die Leitstelle verbannt wurde – mit der entsprechenden Motivation…
2. Wirtschaftlichkeit
– Ja, man kann auch Kosten sparen, aber das ist nicht immer alles, was ein Politiker meint, wenn er von Wirtschaftlichkeit spricht
– Dadurch, dass sich durch geringeren Raumbedarf, weniger Personal (im Gegensatz zu drei Kreisleitstellen), weniger benötigten Lizenzen eines Einsatzleitprogramms usw. natürlich Einsparungen in den Betriebskosten ergeben, kann man ggü. den Kostenträgern (die, ähnlich dem RD, zum Teil die Krankenkassen sind) natürlich höhere Investitionen begründen. Bspw. Alarmierungswege, Einsatzleitprogramm, Hardwareausstattung (mehr Bedienplätze für ein außergewöhnliches Notrufaufkommen, bspw. Unwetterlagen) usw.
Diejenigen, die hier immer behaupten, es würde nur um Einsparungen gehen: Warum sollten Politiker das im Sinn haben, wenn ein Großteil der Kosten doch von den Krankenkassen finanziert werden…
Ich finde es gut, dass du dich der Diskussion stellst. Verzeihe mir daher, dass ich erneut nachfrage:
Warum findest du Leitstellenzusammenlegungen generell falsch?
Und kannst du nachvollziehen, dass ich mich über einen Landesfeuerwehrverband aufrege, der einen (wirklich nicht zu tolerierenden) Fehler in einer (faktischen) Kreisleitstelle so kommentiert: Werner Stöwer spricht von einem „ärgerlichen Fall“ und von „Kinderkrankheiten des laufenden Konzentrationsprozesses“. Deutlicher wird Vize-Landeschef Ralf Kirchhoff: „Durch die Konzentration bleibt vieles auf der Strecke. Den Anspruch von Ortskenntnis kann man in einer regionalisierten Leitstelle nicht haben.“
“Vize-Landeschef Ralf Kirchhoff” ist übrigens hauptamtlich Leiter der BF Kiel – und damit Dienstvorgesetzter der Regionalleitstelle Mitte (neben Kiel zuständig für die Kreise Plön und Rendsburg-Eckernförde). Sollte er in dieser Position nicht durch organisatorische oder technische Maßnahmen dafür sorgen, dass man diesen Anspruch doch haben kann?
@Status3:
Ich habe in meinem vorherigen Kommentar noch eine Kleinigkeit vergessen:
Nein, “ein ortskundiger Disponent” bemerkt nicht, dass er die zuständige FW nicht alarmiert hat, auf jeden Fall hat man als Leiter eine Leitstelle seine Hausaufgaben nicht gemacht, wenn man sich darauf verlässt.
Was meinst du, wie viele Anrufe eingehen, wenn eine Tischlerei im Vollbrand steht? Laut Webauftritt ist die Leitstelle Holstein nachts mit 2 Disponenten besetzt (ich kann mir gut vorstellen, dass einer der Disponenten in einem Extra-Raum ab einer gewissen Uhrzeit Bereitschaftsdienst leistet).
Wer soll die Anrufe annehmen? Und dann kommt noch ein Notruf von Frau Mustermann, die einen Infarkt hat. Noch eine Alarmierung. Dann möchte ein RTW eine Voranmeldung in der Notaufnahme. Und dann meldet sich schon das erste alarmierte Fahrzeug vom Tischlereibrand und möchte nähere Angaben. So geht das dann die nächsten fünf Minuten, bis die ersten Fahrzeuge eintreffen. Dann wird der erste Löschangriff gefahren und dann wird in der ersten Rückmeldung evtl. der Leitstelle Kenntnis gegeben, dass man die örtliche FW vermisst.
Circa 15 Minuten halte ich für realistisch, bis das auffällt. Unabhängig, ob in einer Kreis- oder einer Regionalleitstelle. Ortskunde hätte dem Disponenten hier überhaupt nicht geholfen.
Und warum Carsten Stümer (Leiter der Leitstelle Holstein) in einem Interview mit den Lübecker Nachrichten folgendes zu Protokoll gibt: “Einem Disponenten mit Ortskenntnis wäre sicher aufgefallen, dass Westerrade {…} nicht im Computer gespeichert war”, darüber kann ich nur spekulieren. Oder auch nicht…
@ ohm: Ihre Argumentation erscheint mir schlüssig und vernünftig.
Doch allein auf gute Technik zu vertrauen, welche Ortskenntnis der Disponenten ersetzt, wird sich in dem Moment bitter rächen, indem die Systeme ausfallen. Auch darauf muss eine RLS vorbereitet sein.
@Campesino:
Es scheint hier der Eindruck entstanden zu sein, ich würde Ortskunde für durch Technik ersetzbar halten und ich habe im vorletzten meiner Kommentare versucht, dass richtig zu stellen. Ein guter Disponent muss sich in seinem Leitstellenbereich und mit den RD-Wachen im Umland auskennen, dass ist eine Grundanforderung.
Aber das ist auch auf einer Regionalleitstelle möglich.
Ein genereller Ausfall der unterstützenden Technik ist in einer modernen Leitstelle natürlich der GAU und in diesem Wissen sind die Leitstellen natürlich auch abgesichert – dass ist jedem klar.
Die Grundproblematik besteht darin, einen Überblick über die laufenden Einsätze zu gewinnen, die aktuellen Status und Standorte der Einsatzmittel zu ermitteln, parallel die eingehenden Einsätze und die Vorbestellungen über ungewohnte Alarmierungswege zu bearbeiten und das gesamte Einsatzgeschehen hilfsweise zu protokollieren.
Darauf muss sich eine LS durch technische und organisatorische Maßnahmen vorbereiten, unabhängig davon, wie groß das Zuständigkeitsgebiet ist.
Aber hier ist ganz klar das Personal gefragt. Ein Disponent, der einen Grundanspruch an seine Arbeit hat, weiß, wo sich seine Fahrzeuge befinden und in welchen Ortschaften FW-Einsätze laufen – und er kann dann auch flexibel Einsätze disponieren.