Notfall-Hypnose – eine neue Technik für Rettungskräfte

Bremen (rd_de) – Hypnose? Im Rettungsdienst? Was ist das denn für ein Hokuspokus?! Wir sprechen mit Notfallsanitäter Stefan Honscha vom Ausbildungsinstitut für Notfall-Hypnose über seine Erfahrungen mit dieser Technik.

Wie kamen Sie auf die Idee, sich in Notfall-Hypnose ausbilden zu lassen?
Honscha: Ich kenne die Hypnosetherapeutin Annette Held als Notärztin aus dem Rettungsdienst. Sie erzählte mir nach einem Einsatz von den Möglichkeiten, die Notfall-Hypnose gerade auch für Notfallsanitäter als Methode bietet. Da ich selbst unter anderem eine Ausbildung zum Mentaltrainer absolviert habe, weckte das mein Interesse. Ich habe selbst schon Elemente des Mentaltrainings im Einsatz angewendet und konnte mir sofort gut vorstellen, dass Notfall-Hypnose hilfreich sein kann.

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Die Ausbildung dauert zwei Tage. Wie bewerten Sie rückblickend die Weiterbildung?
Honscha: Die zweitägige Grundausbildung ist erst Mal ausreichend. Man erhält Grundlagen und kann diese sofort anwenden. Es ist schon spannend, sich gegenseitig in Trance zu versetzen. Man lernt auch unterschiedliche Reaktionen kennen. Beim einen setzt Augenflattern ein, beim anderen zucken Muskeln. Aber grundsätzlich fühlt sich das nicht negativ an. Die Teilnehmenden kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Regionen. Dadurch werden viele Aspekte in den Kurs eingebracht. Am Ende der Weiterbildung hat man das Grundprinzip verstanden. Erfahrung erhält man dann durch die Anwendung in der Praxis.

Hatten Sie schon häufiger eine Gelegenheit, Notfall-Hypnose-Techniken im Rettungseinsatz anzuwenden?
Honscha: Meine Ausbildung habe ich 2016 absolviert. Seitdem habe ich Techniken der Notfall-Hypnose etwa zehnmal erfolgreich anwenden können. Einsetzen wollte ich Notfall-Hypnose häufiger, aber nicht jeder Patient lässt sich darauf ein. Und – zugegeben – es hat manchmal auch nicht funktioniert. Aber dann hat sich herausgestellt, dass der Patient entweder alkoholisiert war, Psychopharmaka eingenommen hatte oder auf Entzug war. Die Patienten hatten mir das vorab aber auf Nachfrage nicht verraten, erst im Nachhinein. All dies sind Ausschlusskriterien für eine erfolgreiche Hypnose.

In welchen Fällen waren Sie mit Notfall-Hypnose-Techniken erfolgreich?

Stefan Honscha (44), Notfallsanitäter beim Malteser Hilfsdienst in Bremen. Er arbeitet seit 25 Jahren im Rettungsdienst.

Honscha: Ich habe es sowohl bei Unruhezuständen als auch zur Analgesie eingesetzt, zum Beispiel bei einem unklaren Abdomen und einer Kontusion der Lendenwirbelsäule mit massivem Hämatom. Auch bei einem Zustand nach Sturz war die Methode sofort erfolgreich. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Notfall-Hypnose besonders gut bei starken Schmerzen wirkt.

Was sagen die Patienten Ihnen denn im Nachhinein, wie sie die Hypnose empfunden haben?
Honscha: Sie haben es als sehr angenehm empfunden. Jeder bestimmt ja selbst, wie tief die Trance sein soll. Man kann sich während der Hypnose mit den Patienten unterhalten, ihnen zum Beispiel Fragen stellen.

Und was sagt man in der Klinik, wenn Sie mit einem Patienten im Trancezustand erscheinen?
Honscha: Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Manche Ärzte glauben, ich hätte ein Medikament gegeben, und wollen nicht glauben, dass man einen Patienten zum Beispiel mit Fraktur ohne klassischer Analgesie so ruhig bekommt. Das kommt sich aber immer auf den einzelnen Arzt an. Manche Ärzte sind auch sehr interessiert, wenn ich erkläre, dass ich eine Technik der Notfall-Hypnose eingesetzt habe. Wirklich negative Reaktionen habe ich bisher aber nicht erlebt.

Würden Sie jedem Notfallsanitäter empfehlen, Notfall-Hypnose-Techniken zu erlernen?
Honscha: (lacht) Ja, aber ich denke, nicht jeder Kollege ist dafür gemacht. Man muss schon ein kommunikativer, ruhiger Typ sein, der gerne mit dem Patienten spricht und Fingerspitzengefühl für die Situation hat. Wer sich eher an der medizinischen Gerätetechnik und Messwerten orientiert, für den ist das vermutlich nicht so das Wahre. Viele Kollegen sind anfangs skeptisch und staunen dann, wenn sie live mitbekommen, was Notfall-Hypnose erreichen kann.

Sie möchten mehr über Notfall-Hypnose erfahren? In unserem eDossier „Notfall-Hypnose für Rettungskräfte“ gehen wir ausführlich auf Indikationen, Techniken und Grenzen der Notfall-Hypnose im Rettungsdienst ein.

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• Umfang: 9 Seiten
• Dateigröße: ca. 2 MB/PDF-Format
• Beitrag aus Rettungs-Magazin 3/2018

(Mit Stefan Honscha sprach Lars Schmitz-Eggen, Redaktion www.rettungsdienst.de; Symbolfoto: Michael Rüffer; 05.06.2018) [4790]

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Spannende Geschichte! Ich bin natürlich skeptisch wie viele andere auch und frage mich, was passiert, wenn der Kollege Honscha den Patienten nicht wieder in die reale Welt “zurückbringen” kannß Übernimmt dann die BG lebenslange Unterbringung usw…?
    Jenes kommt tatsächlich vor und vielleicht ist Schulmedizin manchmal auch nicht schlecht und angemessen…

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  2. Jeder Teilnehmer erlernt vielfältige Techniken zum Beenden einer Notfall-Hypnose. Die hergestellte Trance löst sich spätestens nach der nächsten Schlafphase von selbst auf.
    Ein Persistieren über den Schlaf hinaus ist nicht physiologisch – Trance ist ein physiologischer Zustand, den jeder Mensch täglich hervorruft und durchlebt.

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  3. Aber bitte keine Edelsteintherapie im Rettungsdienst!

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