Potenziell lebensgefährlich Verletzte in Deutschland unsichtbar

(Bild: Ground Picture/Shutterstock)Berlin (DVR) – Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) sieht dringenden Reformbedarf der amtlichen Erfassung der bei Verkehrsunfällen in Deutschland verletzten Personen. Anlass ist der kürzlich veröffentlichte „Serious Injuries Report“ des Europäischen Verkehrssicherheitsrats (ETSC). Er zeigt erhebliche Lücken bei der statistischen Erfassung potenziell lebensgefährlich verletzter Verkehrsteilnehmer auf – auch in Deutschland.

Laut dem Bericht erfassen viele europäische Staaten inzwischen Unfallopfer nach dem medizinischen Standard „MAIS 3+“. Dieser bildet das Risiko langfristiger Schäden oder tödlicher Verläufe ab. Deutschland hingegen nutzt in der amtlichen Statistik weiterhin die rein organisatorische Kategorie „stationär für mindestens 24 Stunden aufgenommen“ und zählt MAIS 3+-Verletzte bislang nicht gesondert.

„Unfallprävention darf kein Blindflug sein“, mahnt DVR-Präsident Manfred Wirsch. „Wer das Risiko im Straßenverkehr wirklich reduzieren will, braucht klare, verlässliche Daten. Es macht einen großen Unterschied, ob jemand zur Beobachtung eine Nacht im Krankenhaus verbringt oder monatelang im Koma liegt und vielleicht nie wieder arbeiten kann. Ein genaueres Wissen über die Unfallfolgen hilft uns auch, die Prävention zu verbessern – zum Beispiel bei der Verbesserung von Infrastruktur oder Fahrzeugtechnik.“

Der ETSC-Bericht weist darauf hin, dass europaweit besonders viele potenziell lebensbedrohlich Verletzte nicht durch Polizeistatistiken erfasst werden – etwa, weil kein motorisiertes Fahrzeug beteiligt ist. In den Niederlanden liegt die polizeiliche Erfassungsrate bei Unfällen ohne Fahrzeugbeteiligung nur bei rund 12 Prozent. Auch Deutschland ist von solcher systematischer Untererfassung betroffen.

Um das zu ändern, fordert der DVR eine gesetzliche Verankerung der MAIS 3+-Erhebung in der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik – als Voraussetzung für effektive Prävention.