Zehn Jahre nach der Explosion

Explosion in Enschede am 13. Mai 2000. (Foto: Gemeende Enschede)Enschede, NL (rd_de) – Am 13. Mai 2000 explodierte um 15.30 Uhr eine Feuerwerksfabrik in einem Wohngebiet der niederländischen Grenzstadt Enschede. Die Katastrophe, bei der 22 Personen ihr Leben verloren und 947 Menschen verletzt wurden, legte den Grundstein zu einer beispielhaften grenzübergreifenden Zusammenarbeit von Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz.

Den Ernst der Lage verstanden Anwohner und Feuerwehrkräfte nicht sofort. Nach einer ersten Brandmeldung gegen 15 Uhr, glaubte der erste Löschzug noch das Feuer schnell unter Kontrolle zu bekommen. Da bereits zu diesem Zeitpunkt Feuerwerksraketen in den Himmel schossen, wurden Passanten im Stadtteil Roombeek neugierig und betrachteten die Löscharbeiten aus der Nähe.
Um 15.27 Uhr meldeten die eingesetzten Kräfte bereits „Feuer in der Gewalt“. Gutachter werden später von einer dramatischen Fehleinschätzung der Gefahrenlage sprechen.

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Gegen 15.30 Uhr kam es schließlich zur Katastrophe, als plötzlich der erste von mehreren Containern mit Sprengstoff explodierte. Die Druckwelle zerstörte alle Gebäude in der unmittelbaren Umgebung bis auf die Grundmauern und selbst in 1,5 Kilometern Entfernung zerbarsten die Fensterscheiben. Die Explosion war noch 60 Kilometer entfernt wahrzunehmen. Ein Gebiet von fünf Quadratkilometern wurde auf einen Schlag zu einer Trümmerwüste. 1.500 Wohnhäuser wurden beschädigt. Mehr als 4.000 Menschen verloren ihr Hab und Gut. 22 Personen, darunter vier Feuerwehrleute, kamen ums Leben.

Plötzlich stand die 150.000-Einwohnerstadt einer Schadenslage gegenüber, die mit eigenen Mitteln nicht beherrschbar war. Nur 15 Kilometer entfernt, im deutschen Gronau (Kreis Borken), erkannte man schnell, welch verheerende Folgen die schwere Explosion bei den niederländischen Nachbarn hatte.

Die Leitstelle in Borken nahm mit der Leitstelle in Hengelo Kontakt auf. Die Kollegen aus den Niederlanden bestätigten die Explosion und baten um Nachbarschaftshilfe. Nach dem ersten Anruf ist die Leitstelle in Hengelo nicht mehr erreichbar, weil das Telefonnetz zusammenbrach.

Um 15.56 Uhr rücken Kräfte der Feuerwehr Gronau aus. Als Funkkomandowagen, TLF und deutsche Löschgruppenfahrzeuge in Enschede eintreffen, ist der Stadtteil schon zum Katastrophengebiet erklärt worden.
Die Feuerwehreinsatzleitung befürchtete eine Explosion von Ammoniaktanks der benachbarten Brauerei und wies die Einsatzkräfte an, sich 1.000 Meter zur technischen Einsatzleitung zurückzuziehen.

Rund 200 Sanitäter und Feuerwehrleute aus Deutschland sollen in Enschede im Einsatz gewesen sein. Die Kreisleitstelle im westfälischen Borken teilte seinerzeit mit, dass drei Löschzüge, sechs Rettungshubschrauber und etwa 40 Notärzte jenseits der Grenze im Einsatz waren.

Hilfeleistung kennt keine Grenze mehr

Eine klare Grundlage für diese Hilfeleistung gab es damals nicht. Die Frage nach der Versicherung der Einsatzkräfte im Ausland war ebenso ungeklärt, wie die Frage nach der Nutzung von Blaulicht und Martinshorn im Nachbarland. „Deutsche Rettungskräfte eilten zwar zum Unglücksort; doch von einer koordinierten Zusammenarbeit der deutschen und niederländischen Helfer von Feuerwehren, Rettungsdiensten, Polizei und Technischem Hilfswerk konnte keine Rede sein“, bilanziert das Zentrum für Niederlande-Studien an der Universität Münster in einem aufschlussreichen Dossier zur Katastrophenzusammenarbeit der BeNeLux-Staaten.

In der Rhein-Maas-Region hat die Katastrophe von Enschede die Rettungslandschaft nachhaltig verändert. Schon 2001 legten der Kreis Borken, die Grafschaft Bentheim, die Regio Twente und die Regio Achterhoek (heute Veiligheidsregio Noord- en Oost-Gelderland) mit der „Erklärung über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Großschadens- /Katastrophenereignissen“ den Grundstein für eine gemeinsame Gefahrenabwehrplanung.

Der Plan beschreibt nicht nur die Zusammenarbeit in außergewöhnlichen Großschadenslagen, sondern regelt auch die alltägliche Nachbarschaftshilfe insgesamt. Gemeinsame Übungen, ein Einsatzwörterbuch Deutsch-Niederländisch und deutsche Leitstellen, die ganz selbstverständlich mit dem niederländischem C-2000-Digitalfunk und der Funkmeldealarmierung verbunden sind, gehören heute zum Arbeitsalltag in der Grenzregion. Ein elektronisches Risikokataster hält Objekt- und Gefahreninformationen benachbarte Einsatzkräfte bereit.

Der damals bei der Explosion weitgehend zerstörte Stadtteil Roombeek wurde komplett neu aufgebaut und gilt wegen seiner vielfältigen Architektur und modernen Stadtplanung als besonders sehenswert.

Gedenkveranstaltungen erinnern heute in den Niederlanden an die Katastrophe von Enschede. Die Stadt betreibt hierzu Sonderwebseite www.13mei2010.nl.

(Foto: Gemeente Enschede)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Man sollte doch wohl im klaren sein, dass eine Feuerwerksfabrik nicht in einem Wohngebiet gebaut werden darf. Die beiden Manager meinten, nicht genau gewusst zu haben, was in den Containern lagerte. De Vries wurde freigesprochen, obwohl er noch vorher sagte, er habe das Feuer gelegt. Behördenpannen und Ignoranz. Die Feuerwehr hat die Schaulustigen nicht weit genug weggedrängt und auch die Polizei hat die Lage nicht wirklich verstanden. Man hätte die ganze Umgebung evakuieren müssen aber das war in der kurzen Zeit schwer möglich gewesen.

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  2. Mann hätte sofort die Leute deutlich weiter vom Ort weglotsen müssen. Niemand wusste anscheinend, was in den Containern lagerte. De Bakker hatte einem Feuerwehrmann noch gesagt, das sie wahnsinnig seien hier noch zu löschen. Alle sollten sehr weit weg vom Brandort. Aber es hörte niemand auf ihn, bis es schließlich zur Explosion kam.

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