Hausärzte: Weisungsbefugnis gegenüber Rettungskräften?
(Bild: ©Sir_Oliver - stock.adobe.com)Bremen (rd_de) – Im Notfalleinsatz ist in der Regel auch ein Arzt vor Ort. Das muss aber nicht immer ein Notarzt sein. Auch niedergelassene Ärzte arbeiten mit dem Rettungsdienst zusammen. Mancher Retter fragt sich dann, wer in einem solchen Fall der „Chef“ an der Einsatzstelle ist – der Hausarzt oder das Rettungsfachpersonal?
Im Verhältnis Arzt – Rettungsdienstmitarbeiter ist juristisch gesehen die größere Sachkunde des Arztes ausschlaggebend, die sich aus seiner akademischen Ausbildung ergibt. Er ist den Mitarbeitern des Rettungsdienstes daher übergeordnet und weisungsbefugt.
Das ergibt sich auch aus Paragraf 4 Absatz 2 Nr. 2a, b NotSanG. Dort heißt es, der Notfallsanitäter soll bei der „ärztlichen“ Versorgung assistieren, nicht der „notärztlichen“ Versorgung.
Zu beachten ist aber, dass die Weisungsbefugnis nur so weit besteht, wie der Arzt auch die höhereinzustufende Ausbildung besitzt. Das sind nur medizinische Fragen. Handelt es sich um eine organisatorische Entscheidung, etwa ob für den Transport des Patienten ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) nachbeordert werden soll, hat der Arzt keine bessere Sachkunde und daher auch kein Weisungsrecht. Rettungsdienstmitarbeiter sind daher an eine solche Weisung des Arztes nicht gebunden.
Mehr über die Weisungsbefugnis von Hausärzten im aktuellen Rettungs-Magazin. Jetzt im Handel oder versandkostenfrei in unserem Online-Shop bestellen.
(Text: Nicole Kreutz, Juristin und ehemalige Staatsanwältin; Symbolfoto: Sir_Oliver/fotolia.com)
Das könnte dich auch interessieren
Was ist, wenn der Hausarzt zwar ein guter Mediziner ist, aber in den Notfallmedizin keine nennenswerte Kompetenz besitzt. Hätte dann der NotSan die “höhereinzustufende Ausbildung” und der Hausarzt wäre nicht mehr weisungsbefugt? Und wie wäre es beim RettAss?
Was ist wenn der Notarzt oder auch Hausarzt grob fahrlässig handelt, dar das Rettungsdienstpersonal den Notarzt/ Hausarzt vom Hausrecht gebraucht machen und des RTW verweisen?
Beisp. Arzt möchte Intubation am wachen Patient?
Eitelkeiten sollten nicht den Verlauf eines medizinischen Notfalls bestimmen. Als Besatzungsmitglied des Rettungsdienstes ist es sicherlich häufig ein schönes Gefühl, in einer bestimmten Situation sehr gefragt zu sein. Hieraus leitet der ein oder andere Retter einen Großteil seines Selbstbewusstseins ab, vollkommen in Ordnung solange gerechtfertigt. Das ist aber spätestens dann vorbei, wenn ein Arzt vor Ort ist. Denn dann gilt nicht nur rechtlich der Arztvorbehalt, die ärztliche Weisungsbefugnis und die Pflicht des Retters dem Arzt zu assistieren, sondern es steht mit dem Arzt auch die wesentlich höhere medizinische Kompetenz zur Verfügung. Diese gilt es dem Patienten nicht zu verweigern, nur weil hierbei die eigene Rolle des Rettungshelden angenagt wird. Bitte liebe Kollegen aus dem Rettungsdienst, bleibt mal auf dem Teppich, als Arzt hat man in aller Regel wirklich ein bisschen mehr Ahnung von Medizin, das kann ich als Rettungsassistent und Arzt nur dringend bestätigen. Herzliche Grüße und auf gute Zusammenarbeit!
Der Notarzt hat als Leiter des Rettungsteam das Hausrecht im Rettungswagen, nicht die RettAss. Aber anstatt gleich von seinem angehoften Hausrecht gebrauch zu machen, sollte man erstmal teamorientiert kommunizieren oder auf Fehler hinweisen.
Also ich bin mit so einigen Ärzten bereits Rettung gefahren und die meisten kann man bei einem Notfallpatienten getrost wieder wegschicken.
Was natürlich nicht für einen guten Notarzt gilt.
Jeder der im medizinischen Bereich unterwegs ist weiß zu gut – Arzt ist nicht gleich Arzt. Es ist immer die Frage was er tagtäglich so macht, also damit auch nicht zwangsläufig eine Frage der Ausbildung.
Dieses Kompetenzgerangel immer in Deutschland… widerlich!
Auf den Menschen kommt es an!
Ich werde einen Teufel tun als Notfallsanitäter mich von einem dahergelaufenen Hausarzt in die Ecke stellen zu lassen. Und bin bisher damit auch gut gefahren, vor allem im Sinne des Patienten!
Aus Erfahrung als notfallpatient und Kranenschwester kann ich sagen dem erfahrenen rettungssanni der seinen Job liebt traue ich sehr viel zu und hier sollten sich nicht erfahrene Ärzte einfach selbst in gute Hände geben ein geben und nehmen Hand in Hand arbeiten und nicht nach dem Motto “ich bin der beste” dann wird es die beste notfallversorgung die ein Patient bekommen kann
Offensichtlich hat der NotSan nach Ansicht der Richter eben keine höhere Kompetenz, eben weil NotSans nur in der Notfallmedizin ausgebildet werden. Ich vermute, dass die Richter hier von einem allgemein besseren Verständnis von den physiologischen Zusammenhängen und der Fähigkeit zu wissenschaftlicher Denkweise ausgehen. Fähigkeiten, die alle Ärzte, egal ob Gynäkologen, Dermatologen oder Hausärzte haben sollten, da sich die Wege ja erst sehr spät im Studium trennen.
Ich bin über manche NFS und RettAss auch immer wieder erstaunt. Ich bin selbst Notarzt und in einer Hausarztpraxis tätig. Vorher habe ich eine Ausbildung zum RettAss gemacht und dann NFS. Der Arzt hat definitiv ein deutlich höheres Wissen. Der RettAss Kurs war ein absoluter Witz gegen das Studium. Ich möchte die Kollegen gerne mal sehen, die mich aus einem RTW „verweisen“. Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, wenn z.B nach einer RSI oder sowas geschrien wird, es aber nicht indiziert ist, dass ich sage: Ok, dann machst du das aber jetzt und ich stelle mich daneben. Bis jetzt hat es sich nicht einer getraut. Warum kann man denn nicht einfach seine Rolle im Team anerkennen? Der Arzt ist in der Medizin nun mal so gut wie jedem RettAss aufgrund des Studiums und der FA Ausbildung überlegen. Das heißt aber nicht, dass von oben nach befehlt werden muss. Die Sanis haben viele andere sehr gute Kompetenzen, die der Arzt nicht hat. Ich weiß nicht warum gerade bei NFS immer wieder mit dem Arzt konkurriert wird und man sich nicht einfach als eigenes Berufsbild ansieht, wie es die Pflege zb sehr gut vorgemacht hat.
Hallo Tobi,
deine Schreibweise spiegelt ein riesiges Problem wieder. Das des unangebrachten, ärztlichen Standesdünkeln.
Wenn die vermeintlich wesentlich höhere ärztliche Kompetenz in einer Notfallsituation mehr schadet als nutzt, hat sie dort auch nichts zu suchen. Punkt. Jeder Rettungsdienstler kennt solche Situationen zu genüge. Das Dummgerede mit dem ärztlichen Vorbehalt hat sich mittlerweile zum Glück ja auch rechtlich vaporisiert und hat auf fantastische Weise gezeigt, wie obsolet dieses Denken doch ist und war. Genau so obsolet wie deine Ausbildung zum Rettungsassistenten, die mit der jetzigen Berufsausbildung zum Notfallsanitäter nicht mehr zu vergleichen ist. Notfallsanitäter stehen in grundlegenden Notfallsituationen dem erforderlichen Wissen eines durchschnittlichen Arztes ganz gewiss nicht „wesentlich“ nach, sondern übertreffen dieses regelmäßig, da es ihr Hauptgeschäft ist (wie die Berufsbezeichnung schon erahnen lässt) und nicht nur das Nebengeplänkel, wie bei vielen Notärzten (was keine Berufsbezeichnung ist, sondern eine wenige Stunden dauernde ZUSATZbezeichnung, um meistens ZUSÄTZLICH und NEBENBEI Rettungsdienst zu fahren…). Oder gar Ausnahmesituationen wie bei allen Anderen Ärzten.
Und wenn ein ärztlicher Kollege wie zuletzt an der Einsatzstelle Auftaucht, und bei einer allergischen Reaktion die Gabe von 5mg Adrenalin i.V. anordnet, verweigere ich dem Patienten ganz gewiss diese „wesentlich höhere, medizinische Kompetenz“ und der Arzt kann sich selber außerhalb des Fahrzeuges bei was auch immer assistieren. Und „Gotteslästerung“ bedeutet nicht gleich, dass man sich selber als Helden sieht. Vielmehr nagt es an dem eigenen Ego vieler ärztlicher Kollegen, wenn da jemand mit einer (zum Teil noch-) nicht akademischen Ausbildung um die Ecke kommt, und sich in seinem Job sicher ist und den im schlimmsten Fall auch noch gut ausübt.
Diese Überheblichkeit ärztlicherseits wurde nicht umsonst zuletzt im Fall Landshut mit einer zuvor unvorstellbaren Deutlichkeit abgemahnt.
Daher meine Bitte, bleib(t) nicht sondern komm(t) mal zurück auf den Teppich. Als Arzt hat man in der Regel nicht nur ein bisschen, sondern ein gutes Stück mehr Ahnung von Medizin als der gemeine NFS. Zumindest schonmal von mehr Sachen gehört und wieder vergessen 😉 Für den Rettungsdienst ist diese Art der Bemessung jedoch größtenteils unerheblich (bei Betrachtung der Kernaufgaben)!!!!
Das kann ich als Notfallsanitäter, Praxisanleiter, Mann einer Notärztin, Sohn eines Arztes und Mitglied im Tigerentenklub ebenfalls bestätigen. Nicht ohne Grund wird bei den international-zertifizierten Buchstabenkursen für den Rettungsdienst keinerlei Unterscheidung zwischen NFS und Ärzten gemacht. Weiß man natürlich nur wenn man mal mitgemacht hat, haben die meisten Ärzte aber nicht 😉
Daher zum Schluss: wenn man sich auf Augenhöhe begegnet können wir gerne zusammenarbeiten, sonst kommen wir bis zum Eintreffen eines, oder der Übergabe an einen geeigneten Arzt (bezugnehmend auf Par.4 Abs.2 NotSanG 😉 ) ganz gut alleine klar… und werden ein bisschen heilkundig tätig und so… Und just lese ich im neuen Koalitionsvertrag, dass ein neues Heilberufegesetz auf den Weg gebracht, und das BtmG aufgeweicht wird. Das wird vielen ärztlichen Kollegen nicht gefallen aber wie sagtest du am Anfang so schön: Eitelkeiten sollten nicht den Verlauf eines medizinischen Notfalls bestimmen.
Liebe Grüße
Es gibt so etwas wie Betriebsblindheit durch gewohnte Routine und den “Leitfäden” und Arbeitsanweisungen.
Auch deren nicht Befolgung kann in einigen Fällen gerechtfertigt sein zum Wohle des Patienten.
So kann z.B. beim akuten Koronarsyndrom die Schmerzlinderung vor allen anderen Maßnahmen vorgezogen werden. Bei längeren Fahrten zu einer Herzchirurgie ist Eile geboten und routinemäßig Maßnahmen müssen wàrend der Fahrt durchgeführt werden ( RR, Puls, EKG, O₂-Sättigung, venöser Zugang, Heparin und Aspisol Injektionen. Die lebensbedrohlichen Komplikationen wie Herzrhythmusstörung mit Pumpversagen können ursächlich im RTW nicht behandelt werden, das Koma bleibt unabweichlich. Nur Reanimation mit Beatmung und Herzdruckmassage sind möglich Bei Akutem “Herzstillstand” bzw Pumpversagen und Atemstillstand.
Ja, auch aus eigener Erkenntnisse.