Perfusor: 10 Sicherheitstipps für Rettungskräfte

Bremen (rd_de) – Eine Spritzenpumpe, wie der Braun Perfusor markenneutral heißt, gehört zur Normbeladung eines jeden arztbesetzten Rettungsmittels. Im täglichen Einsatzdienst wird der Perfusor aber eher selten genutzt. Entsprechend ungeübt sind manche Rettungskräfte im Umgang mit diesem Gerät. Die folgenden 10 Tipps sollen die Arbeit mit dem Perfusor sicherer machen.

Grundsätzlich ist das Feld möglicher Anwenderfehler bei Spritzenpumpen wie dem Perfusor sehr komplex. Die Hersteller der Geräte liefern zwar Gebrauchsanweisungen zur korrekten Inbetriebnahme. Allerdings bezieht sich die Einweisung in der Regel auf die korrekte technische Bedienung. Sicherheitshinweise zur Vermeidung von Fehlern bei der Programmierung der Infusionsrate werden in der Regel nicht angesprochen. Gerade dabei passieren jedoch die schwerwiegendsten Fehler.

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1. Die Spritze muss zur Spritzenpumpe passen

Spritzenpumpen unterschiedlicher Hersteller weisen trotz desselben Füllvolumens möglicherweise Abweichungen im Aufbau auf. Insofern ist nicht auszuschließen, dass Medikamente fehlerhaft appliziert werden, sollte eine x-beliebige Infusionsspritze verwendet werden. Damit würde die Sicherheit des Patienten gefährdet! Die Hersteller von Perfusor & Co. müssen deshalb bei der Baumusterprüfung festlegen, welche Spritzen und Zubehörteile für ihr jeweiliges Produkt benutzt werden dürfen. Anderes Zubehör darf nicht eingesetzt werden.

2. Ladezustand der Perfusor-Akkus prüfen

Gerade wenn (längere) Transporte bevorstehen, muss der Notfallsanitäter im Umgang mit einer Spritzenpumpe einige Dinge beachten. Dazu gehören vor allem volle Akkus. Durch die dauernde Ladung können je nach Art der Akkus Probleme auftreten (Stichwort: „Memory-Effekt“). Das bedeutet, die Kapazität der Nickel-Cadmium-Akkus verringert sich drastisch. Es kommt zu einem frühen Spannungsabfall und einer verringerten Nutzung des Perfusors, da dieser eine Mindestspannung benötigt. Deshalb sollten zum Transport neben entsprechenden Kabeln zur Stromversorgung (230 Volt, 12 Volt) auch möglichst immer Ersatzakkus mitgenommen oder die (teureren) Lithium-Ionen-Akkus verwendet werden.

Alles Wichtige zum Umgang mit Perfusoren finden Sie in unserem eDossier „Skills-Training für Notfallsanitäter“. Unter anderem: unterschiedliche Bauformen von Spritzenpumpen; klassische Medikamente für die Perfusor-Anwendung; sicherheitstechnische Aspekte usw.

3. Perfusor-Spritzen luftfrei aufziehen

Die Spritzen sind stets luftfrei aufzuziehen. Insbesondere bei Bewegung der Spritzenpumpe während eines Transports oder beim Umlagern kann es zu einer Verschiebung einer möglicherweise vorhandenen Luftblase in den Spritzenansatz kommen. Somit würde die Luftblase in die Spritzenpumpenleitung wandern. Wenn man bedenkt, dass der Inhalt einer solchen Leitung – je nach Hersteller und Länge – zwischen 0,5 und 3 ml beträgt und eine Laufgeschwindigkeit von 5 ml/h eingestellt wäre, würde dies immerhin einen Wirkstoffausfall von mehr als 15 Minuten bedeuten.

Generell ist ein Lufteintritt in die Blutbahn auch in noch so geringer Menge kritisch. Die Folgen stehen in direktem Zusammenhang mit dem Zustand des Betroffenen, dem Luftvolumen sowie der Geschwindigkeit, mit der die Luftmenge infundiert wird. Klinische Komplikationen können ein vermindertes Herz-Zeit-Volumen, Schock und Tod sein.

4. Probleme beim Wechsel der Perfusor-Spritze

Probleme können auftreten, soll eine Spritze gewechselt werden. Erstens kommt es zu einem Wirkstoffverlust während des Wechsels selbst; zweitens besteht in der Folge die Gefahr der ungewollten Bolusinjektion. Diese kann sowohl beim Konnektieren an die Spritzenpumpenleitung als auch beim Einspannen der Spritze in den Perfusor passieren.

Vermeiden lässt sich dies, indem die Medikamentengabe parallel über zwei Spritzenpumpen erfolgt. So kann in der einen Pumpe das Infusat regelrecht appliziert werden, während in der anderen Spritzenpumpe eine neue Spritze „stand by“ zur Verfügung steht. Löst nun der erste Braun Perfusor einen Voralarm aus, kann über einen zwischengeschalteten Dreiwegehahn komplikationslos die Spritzenpumpe gewechselt werden. Der Ausfall der Wirkstoffe wird auf diese Weise auf ein Minimum reduziert.

5. Gefahr durch unkontrollierte Bolusgabe

Auch die Verstopfung eines venösen Zugangs kann zu einer unkontrollierten Bolusgabe führen. Und zwar, sobald sich die Verstopfung wieder löst. Besonders bei kreislaufwirksamen Medikamenten wie beispielsweise Katecholaminen, Beta-Blockern oder Nitraten kann dies schwerwiegende Folgen für den Patienten nach sich ziehen.

6. Niveauveränderung des Perfusors hat Folgen

Untersuchungen haben gezeigt, dass vertikale Niveauveränderungen einer Spritzenpumpe die Flussrate bereits in klinisch relevantem Ausmaß schwanken lassen. Dies kommt beispielsweise beim Umlagern oder während des Transportes in eine Klinik häufig vor und ist besonders kritisch, wenn hochwirksame Medikamente appliziert werden.

Zurückzuführen sind diese Schwankungen auf Veränderungen des hydrostatischen Drucks innerhalb der Infusion: Senkt man die Spritzenpumpe ab, führt das zum „Pooling“; das Infusat strömt hierbei ins Infusionssystem. Wird die Pumpe hingegen wieder auf das Ausgangsniveau angehoben, entleert sich ein Infusionsbolus.

7. Parallelinfusionen vermeiden

Parallelinfusionen sollten nicht erfolgen. Das heißt, die gleichzeitige Kombination von einer Schwerkraftinfusion und einem Perfusor sind ungünstig. Bei der parallelen Benutzung von maschinell verabreichten Lösungen und frei tropfenden Lösungen kann es bei Verschluss der Infusionsleitung zu Komplikationen kommen. Die freie Infusion wird möglicherweise in die maschinell verabreichte Lösung hochgepumpt, ohne dass ein Alarm erfolgt. Folge: Der Medikamentenwirkstoff in der Spritzenpumpe gelangt nicht mehr in den Patienten, sondern vermischt sich mit der Schwerkraftinfusion.

8. Inkompatibilität

Beim Zusammenführen von Pharmaka in Infusionsleitungen kann es zu Inkompatibilitätsreaktionen mit schwerwiegenden Folgen für den Patienten kommen. Für die Durchführung einer sicheren Therapie müssen Entscheidungen zur Wahl geeigneter Trägerlösungen, der Stabilität des Pharmakons in dieser Trägerlösung und zur Wechselwirkung mit anderen Lösungen im Zugang oder System getroffen werden. Zusätzlich ist ein geeigneter Zugang bzw. bei Mehrlumenkathetern das geeignete Lumen auszuwählen.

9. falsche Programmierung

Zu beachten sind auch eventuelle Medikationsfehler, die auf eine fehlerhafte Anwendung von Spritzenpumpen zurückzuführen sind. An erster Stelle steht hier die falsche Programmierung des Perfusors.

10. Vorsicht bei der Propofol-Dosierung!

Eine bekannte Gefahrenquelle stellen die beiden Zubereitungen Propofol 1% und Propofol 2% dar. Wenn auch die beiden Ampullentypen selbst deutlich farblich gekennzeichnet sind, lässt sich die einmal aufgezogene Lösung nicht mehr voneinander unterscheiden. So kann es ungewollt und unbemerkt zur Verdopplung der Propofol-Dosis kommen.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 12.04.2017)[2599]

https://youtu.be/liyzeXUP4z8

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Bei einer Spritzenpumpe handelt es sich um ein Medizinprodukt der Klasse 1.Daraus ergeben sich bestimmte Pflichten für den Betreiber und den Anwender, beispielsweise die Ersteinweisung in die Gerätebedienung durch den Hersteller oder eine beauftragtePerson. Ohne Einweisung ist die Bedienung untersagt.

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  2. Stimmt alles, aber es ist ein Medizinprodukt der Klasse 2b 😉

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