Bremen (rd_de) – Bei der 520-stündigen Ausbildung zum Rettungssanitäter ist auch ein Praktikum an einer Rettungswache vorgesehen. Nicht überall ist vorgeschrieben, dass dieses Praktikum an einer Lehrrettungswache zu erfolgen hat. Doch es ist wünschenswert. Weshalb, lesen Sie hier.
Angehende Rettungssanitäter (RS) kommen an einem Wachenpraktikum nicht vorbei. Mindestens 160 Stunden müssen nachgewiesen werden, davon möglichst die Hälfte an einer Wache mit Notarztdienst. Insgesamt soll der Praktikant Erfahrungen sowohl auf einem Krankentransportwagen (KTW) als auch Rettungswagen (RTW) oder Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) sammeln. Diese Erfahrungen sind wichtig für seine Ausbildung.
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Fragen an ein Praktikum im Rettungsdienst:
• Welche Voraussetzungen muss eine Lehrrettungswache erfüllen?
• Wie und wo finde ich einen Praktikumsplatz?
• Wie erkenne ich eine gute Lehrrettungswache?
• Welche Rolle spielt der Lehrrettungsassistent bzw. Praxisanleiter?
• Welche technische und räumliche Ausstattung muss die Wache besitzen?
• Gibt es ein Abschlussgespräch?
Praktikum an einer Lehrrettungswache: die Voraussetzungen
Lehrrettungswachen sind personell und materiell darauf ausgerichtet, Berufsanfängern das erforderliche praktische Wissen zu vermitteln. Von diesen Besonderheiten abgesehen, handelt es sich um „normale“ Rettungswachen, an denen zumindest ein Rettungswagen im 24-Stunden-Betrieb vorgehalten werden muss.
Die Entscheidung, ob sich eine Wache „Lehrrettungswache“ nennen darf, trifft die zuständige Behörde. In manchen Ländern wird die Zulassung zum Beispiel vom Innen- oder Sozialministerium geregelt. In anderen liegt die Zuständigkeit bei den Bezirksregierungen oder Landkreisen bzw. kreisfreien Kommunen. Durch das Notfallsanitätergesetz haben sich die Kriterien für Lehrrettungswachen verschärft.
Praktikumsplatz: Wie und wo finden?
Obwohl ein Praktikum im Rahmen der Ausbildung vorgeschrieben ist, heißt das nicht, dass die ausbildende Rettungsdienstschule oder der entsendende Verband automatisch Praktikumsplätze an Rettungswachen vermittelt. Für angehende Notfallsanitäter ist dies vorgeschrieben, für Rettungssanitäter hingegen nicht. Es spricht insofern für die Lehranstalt, wenn sie dem RS-Schüler Wachen benennt, mit denen sie regelmäßig kooperiert und die bevorzugt Praktikanten dieser Schule aufnehmen. Dadurch dürfte sichergestellt sein, dass die Lehrrettungswache über den Wissensstand des neuen Praktikanten orientiert ist.
In der Regel bekommen die Schüler von der Rettungsdienstschule aber nur eine mehr oder minder umfangreiche Liste mit Adressen von Lehrrettungswachen. Es bleibt dann den Schülern überlassen, sich selbst um einen freien Platz zu kümmern. Ob die Bewerbung um einen Praktikumsplatz an den Kreis- bzw. Ortsverband der Hilfsorganisation oder die Wache geschickt werden muss, ist unterschiedlich geregelt.
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Praktikum an einer Lehrrettungswache: Wie man eine gute Lehrrettungswache erkennt
Abgesehen von subjektiven Faktoren, nach denen man sich für oder gegen bestimmte Lehrrettungswachen entscheidet (zum Beispiel Nähe zum Heimatort), gibt es auch objektiv wichtige Gründe, auf die jeder achten sollte.
Die „Gemeinsamen Grundsätze der ausbildenden Hilfsorganisationen (ASB, DRK, JUH, MHD) für die Ausbildung von Praktikanten an Lehrrettungswachen“ liefern wichtige Anhaltspunkte. Neben den genannten Organisationen richten sich heute auch viele Rettungsdienste in privater oder kommunaler Trägerschaft nach diesen Empfehlungen.
Ein wichtiges Kriterium stellen die personellen Voraussetzungen dar. So sollte jede Lehrrettungswache über einen Arzt mit Rettungsdiensterfahrung verfügen. Der Arzt muss nicht permanent auf der Wache anwesend sein. Seine Aufgabe ist es vielmehr, für eine einheitliche Lehre auf Grundlage der allgemein anerkannten Ausbildungsvorschriften an der Wache zu sorgen. Dadurch wird sichergestellt, dass dem Praktikanten bestimmte Maßnahmen von mehreren Personen nicht widersprüchlich erklärt werden und er in die Lage versetzt wird, seine Kenntnisse später auch in anderen Rettungsdienstbezirken anzuwenden.
Praktikum an einer Lehrrettungswachen: Technische und räumliche Ausstattung
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Wahl der Lehrrettungswache ist die technische und räumliche Ausstattung. Die Vorhaltung eines, in den öffentlichen Rettungsdienst eingebundenen RTW ist vorgeschrieben. Je Rettungswagen und Schicht sollte nur ein Praktikant eingeplant sein. Werden zusätzlich auch KTW und Notarzteinsatzfahrzeug vorgehalten, erweitert das die Möglichkeiten, praktische Erfahrungen auf verschiedenen Rettungsmitteln zu sammeln.
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Von den Fahrzeugen abgesehen, muss ein Raum vorhanden sein, der für Unterrichtszwecke geeignet ist. Er muss eine ausreichende Größe haben, um zum Beispiel auch mit Übungsphantomen zu arbeiten. Ferner sind Unterrichtsmittel vorzuhalten. Hierzu gehören vor allem Geräte, mit denen eine Herz-Lungen-Wiederbelebung für Erwachsene sowie Säuglinge simuliert werden kann. Auch Intubations- und Infusionstrainer sind wünschenswert.
Nachschlagewerke und andere Literaturquellen, beispielsweise digitale Datenbanken oder Internetzugang, sind wichtig. Hierdurch kann sich der Auszubildende in der einsatzfreien Zeit fortbilden und Einsätze nachbereiten. Die „Wachenbibliothek“ sollte die gängigen Lehrbücher und Fachzeitschriften ebenso wie thematische Fachbücher (Anatomie, Physiologie, spezielle Krankheitslehre usw.) umfassen und auf dem aktuellen Stand sein.
Wünschenswert am Ende des Praktikums: das Abschlussgespräch
Bevor das Praktikum beginnt, werden dem Auszubildenden der Ablauf seines Praktikums, Lernziele und besondere Regelungen an der Wache erklärt. Hierzu zählt zum Beispiel das System des Dienstplans.
Am Ende des Praktikums sollte ein Abschlussgespräch stattfinden. Es wird von dem Auszubildenden zum Beispiel mit dem Wach- oder Rettungsdienstleiter geführt. Sinn dieses Gespräches ist es, festzustellen, ob der Praktikant die Ausbildung an der Rettungswache erfolgreich absolviert hat. Eine Prüfung findet nicht statt. Die folgt im Anschluss während des Abschlusslehrgangs (40 Stunden) an der Rettungsdienstschule.
(Text: Lars Schmitz-Eggen; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 11.04.2018)[2622]
Sehr guter Beitrag,
einige Verbesserungen hätte ich aber doch. Nach einem einschlägigen Urteil besteht auch in Niedersachsen seit Jahren die Möglichkeit sich geleistete Zeiten als Rettungssanitäter auch nach dem Staatsexamen zum RettAss anerkennen zu lassen. In diesem Fall müssen auch kein Abschlussgespräch geführt und kein Berichtsheft abgegeben werden. Ist an unserer Wache bisher zweimal passiert, ob das jetzt ein erstrebenswerter oder sinnvoller Weg zum Rettungsassistenten ist möchte ich jetzt lieber nicht bewerten.
Zweitens legt nicht jeder Praxisanleiter eine Prüfung ab. Ich bin zum Beispiel ein über die jahrelange Lehrtätigkeit als Lehrrettungsassisten an der Wache und als Dozent an der Schule übergeleiteter Praxisanleiter und musste nach niedersächsischem Recht keinen Ergänzungskurs und keine Prüfung machen.
Sonst aber in allen Punkten korrekt und sehr lesenswert für Praktikanten sowie Praxisanleiter.
Habe den Bericht mit Interesse gelesen. Ich hätte meine Ausbildung zur Rettungssanitäterin gerne beendet und in diesem Beruf gerarbeitet, aber seit einem Jahr finde ich keinen Platz für ein Rettungswachenpraktikum (Bremen und Umkreis). Verrückt! Eine Ausbildung selbst bezahlen zu müssen und dann noch an mangelnden Praktikumspplätzen zu scheitern. Die gute Ausstattung und ein Abschlussgespräch sind da also schon ein Luxus, auf den ich verzichten würde. Meine Meinung: Wer ausbildet, muss auch bei der Vermittlung des Praktikums helfen, eine Liste mit Telefonnummern reicht da nicht.