Vor 40 Jahren: bundesweite Notrufnummer 110/112

Winnenden (BSS) – Ende der 60er Jahre gab es nur in wenigen Großstädten eine einheitliche Nummer für den Notfall. Wer Hilfe holen wollte, musste die Nummer der nächsten Polizei, Feuerwehr oder Hilfsorganisation parat haben. Maßgeblich durch die Björn-Steiger-Stiftung wurde die Notrufnummer 110/112 auf den Tag genau vor 40 Jahren – am 20. September 1973 – beschlossen.

Im Mai 1969 kam Björn Steiger, der achtjährige Sohn von Ute und Siegfried Steiger, bei einem Autounfall ums Leben. Fast eine Stunde hatte es gedauert, bis die Rettungskräfte am Unfallort eintrafen. Wie sich bei Recherchen der Eltern herausstellte, war das für diese Zeit nicht ungewöhnlich. Nachts gab es in großen Teilen Deutschlands gar keine Hilfe. Die Eltern wollten selbst etwas unternehmen, um das Eintreffen der Rettungskräfte bei Unfällen zu beschleunigen. Deshalb gründeten sie die Björn-Steiger-Stiftung, die bis heute die Notfallhilfe verbessert.

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„Der Notruf ist unfinanzierbar“

Eine der wichtigsten Forderungen der Stiftung war die bundesweite Einführung der Notrufnummer 110/112. Diese Forderung wurde aber stets mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Einführung nicht finanzierbar wäre. Allerdings konnte niemand genau sagen, wie viel es denn überhaupt kosten würde. Deshalb rief Siegfried Steiger die Oberpostdirektion Stuttgart an und fragte nach einer solchen Zahl. Die Antwort lautete 387.000 DM für den Regierungsbezirk Nordwürttemberg.

Für den Bezirk mit seinen 18 Landkreisen und der Stadt Stuttgart brauchte die Stiftung also von jedem Landkreis zirka 20.000 DM. Siegfried Steiger erklärte daraufhin den Landräten, die Björn-Steiger-Stiftung würde in den Ortsnetzen der Oberpostdirektion Stuttgart den angeblich unbezahlbaren Notruf einrichten. Wenn sich die Landräte mit jeweils 20.000 DM an der Aktion beteiligten, bekämen alle Ortsnetze des Landkreises den Notruf 110 für die Polizei und die 112 für die Feuerwehr. Mit diesem Kniff wurde damals zunächst für 3,6 Millionen Menschen flächendeckend eine einheitliche Notrufnummer geschaffen.

6000 Briefe und eine Klage für die 112

6000 Briefe hatte Ute Steiger auf der Schreibmaschine an die politischen Verantwortlichen geschrieben, und der Modellversuch hatte demonstriert, dass der einheitliche Notruf finanzierbar war. Dennoch schien die bundesweite Umsetzung der Notrufnummer am Widerstand der Politik zu scheitern. Der Bund verwies auf die Länder und die Länder auf den Bund. Nachdem die Innenminister im Juni 1973 ein Angebot des Bundespostministers abgelehnt hatten, stand der Notruf vor dem Aus.

Die Björn-Steiger-Stiftung zog deshalb vor Gericht, verklagte das Land Baden-Württemberg auf Einführung der Notrufnummer. Erwartungsgemäß lehnte der Stuttgarter Richter die Klage aus verfahrensrechtlichen Gründen ab, sorgte jedoch dafür, dass ein Pressevertreter zur Urteilsverkündung zugelassen wurde. Der Richter schloss mit einem Plädoyer, dass er selbst gerne anders entschieden hätte. Dies führte zu bundesweiten Medienberichten, die Öffentlichkeit war informiert und die Politik zunehmend unter Druck.

Am 20. September 1973 einigten sich die Vertreter von Bund und Ländern schließlich auf die flächendeckende Einführung von 110 und 112. Der damalige Postminister Horst Ehmke gegenüber dem Ehepaar Steiger: „Ihr Dickkopf hat sich durchgesetzt, der Notruf ist beschlossen.“

Es dauerte dann noch einige Jahre bis der einheitliche Notruf tatsächlich überall in Deutschland verfügbar war.

(Foto: Björn-Steiger-Stiftung)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Toll,die 112.Aber warum nicht in ganz Europa.118,122,o8o oder in Paris und Schweiz?

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  2. Zu Julian Stark

    Wem stellst Du die Frage? Und warum dann nicht auch in der ganzen Welt?

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  3. @Julian Stark
    ähm, die 112 ist in der ganzen EU als Notrufnummer erreichbar. Zusätzlich noch in einigen europäischen Nicht-EU Ländern als auch in der Urkraine oder Russland. So auch in der Schweiz und auch in Paris (ist übrigens eine Stadt und kein Land). Oder was meinst Du?

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  4. SO kann man Geschichte klittern: vgl. aktuell http://www.abendblatt.de/hamburg-tipps/kinder/kinder/article134645346/Hilfe-kam-frueher-oft-sehr-spaet.html vom 24.11.2014.

    Denn die Notrufnummer 112 gab es vereinzelt schon vor dem 20. September 1973 – und die Rettungsdienststiftung Björn Steiger e. V. forderte im Jahr 1969 nicht die Einführung der 112, sondern des Polizeirufs 110. Aber das weiß heute leider keiner mehr!

    Auf der Website der Steiger-Stiftung findet man leider das so genannte 15-Punkte-Programm auch nicht mehr in voller Länge: vgl. http://www.steiger-stiftung.de/meilensteine-der-menschlichkeit (12.11.1969).

    Herzliche Grüße aus dem Westen

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